Das staatlich geförderte Altersvorsorgedepot, wie es ursprünglich von der Ampel-Regierung geplant war, sollte eine neue Ära in der privaten Altersvorsorge einleiten.
Geplant war ein einfaches, transparentes und renditeorientiertes Depot-Modell, das die veraltete Riester-Rente ablösen sollte – ohne teure Garantien, mit echten Kapitalmarktchancen und zielgerichteter staatlicher Förderung. Die Einführung war zum 1. Januar 2026 vorgesehen. Doch mit dem politischen Kurswechsel nach dem Bruch der Ampel-Koalition im November 2024 und der Bildung einer neuen Union-SPD-Regierung im Frühjahr 2025 hat sich die Lage grundlegend verändert.
Was war die Idee hinter dem Altersvorsorgedepot?
Das von der Ampel-Koalition geplante Altersvorsorgedepot war als flexibles, kapitalmarktbasiertes Vorsorgeprodukt konzipiert.
Es sollte insbesondere für Menschen mit kleinen und mittleren Einkommen eine attraktive Alternative zur Riester-Rente bieten, deren komplizierte Zulagenregelung und teure Produktstruktur immer wieder kritisiert wurden.
Kernpunkte des ursprünglichen Modells:
- Staatliche Förderung: 20 Cent Zuschuss pro eingezahltem Euro, maximal 600 Euro pro Jahr bei 3.000 Euro Einzahlung
- Zusätzliche Boni: 175 Euro für Geringverdiener, 200 Euro für Berufseinsteiger, Kinderzuschlag von 25 Cent pro Euro (gedeckelt bei 300 Euro)
- Kapitalmarktorientierte Anlage: Investitionen in ETFs und Fonds möglich, keine verpflichtenden Garantien oder Verrentung
- Steuerliche Vorteile: Einzahlungen sollten steuerlich absetzbar sein, Besteuerung erst bei Auszahlung ab 65
- Mehr Freiheit: Kein Zwang zur lebenslangen Rente – das angesparte Kapital sollte auch in Auszahlplänen nutzbar sein
Es war damit das erste Altersvorsorgeprodukt, das sich an den Grundsätzen moderner Kapitalanlage orientierte, ohne in die Strukturen der Versicherungswirtschaft eingebunden zu sein.
Aus für das Depot nach Regierungswechsel
Mit dem Ende der Ampel-Regierung im November 2024 und dem Regierungswechsel im Frühjahr 2025 wurde das Altersvorsorgedepot in seiner geplanten Form gestoppt. Zwar brachte die FDP kurz vor Ende der Legislaturperiode noch einen Entwurf in den Bundestag ein, doch dieser scheiterte an der fehlenden Mehrheit.
Die neue Koalition aus CDU/CSU und SPD verfolgt nun einen anderen, aber verwandten Kurs. Statt eines neuen Depotprodukts steht nun eine Reform der bestehenden Riester-Rente im Fokus – kombiniert mit einem komplett neuen Element: der Frühstart Rente.
Die Frühstart Rente ersetzt das Altersvorsorgedepot ab dem 1. Januar 2026
Statt eines frei besparbaren Altersvorsorgedepots kommt nun ab dem 1. Januar 2026 die Frühstart Rente – ein kapitalgedecktes Vorsorgekonto, das bereits im Kindesalter beginnt.
Damit verfolgt die neue Regierung einen langfristigeren, frühzeitigeren Ansatz.
Kernpunkte der Frühstart Rente:
- Automatischer Aufbau ab dem 6. Lebensjahr: Für jedes Kind werden ab dem 6. bis zum 18. Lebensjahr monatlich 10 Euro vom Staat in ein individuelles Altersvorsorgekonto eingezahlt.
- Privatwirtschaftliche Verwaltung: Die Konten werden von zertifizierten Finanzdienstleistern geführt, die Auswahl der Anlagen erfolgt im Rahmen kapitalmarktbasierter Produkte – ähnlich einem ETF-Sparplan.
- Steuerliche Vorteile: Die Erträge bleiben bis zum Renteneintritt steuerfrei, das angesparte Kapital ist vor staatlichem Zugriff geschützt.
- Private Aufstockung möglich: Ab dem 18. Lebensjahr kann jeder das Depot selbst weiter besparen – mit einem noch festzulegenden jährlichen Höchstbetrag.
Die Frühstart Rente ist somit kein Ersatz für die private Vorsorge im Erwachsenenalter, sondern eine neue Säule, die schon im Kindesalter beginnt – und langfristig zusätzlich zur gesetzlichen Rente wirken soll.
Was passiert mit der Riester-Rente?
Parallel zur Einführung der Frühstart Rente hat die neue Regierung angekündigt, die Riester-Rente zu reformieren, statt sie abzuschaffen. Der Koalitionsvertrag sieht vor:
- Wegfall der Garantiepflichten, damit wieder renditestärkere Produkte zugelassen werden
- Reduktion der Abschluss- und Verwaltungskosten, um die Effektivität zu steigern
- Standardprodukt mit einfacher Zulagenlogik, das von Verbraucherschützern gefordert wird
- Vereinfachte staatliche Förderung, besonders für untere und mittlere Einkommen
Ein komplett neues Depotprodukt – wie von der Ampel geplant – ist nicht mehr vorgesehen. Dennoch lassen die Parallelen zur alten Idee erkennen: Auch das neue Modell will Bürokratie abbauen, Rendite ermöglichen und frühzeitig ansetzen.
Fachleute sehen in der Frühstart Rente eine pragmatische Lösung, aber auch ein langfristiges Projekt, dessen wirkung erst in Jahrzehnten spürbar wird. Denn mit 10 Euro monatlich erreicht ein Kind von 6 bis 18 Jahren gerade einmal 1.560 Euro Einzahlungen. Selbst bei optimistischer Rendite (z. B. 5 % jährlich) ergibt das zum Renteneintritt knapp 36.000 Euro nominal – zu wenig, um allein damit eine echte Altersvorsorge aufzubauen.
Der Bund der Versicherten betont, dass die Frühstart Rente zwar ein guter Impuls für frühe Vorsorge sei, aber nicht als Ersatz für die geplante Altersvorsorgedepot-Reform ausreiche. Dennoch halten es Experten für möglich, dass Teile des ursprünglichen Depot-Gesetzentwurfs zu einem späteren Zeitpunkt wieder aufgegriffen werden – etwa als standardisiertes Vorsorgekonto für Erwachsene, wie es andere Länder längst eingeführt haben.