Nachhaltiges Investieren

Best-in-class Ansatz – Wer ist denn das geringere Übel?

Beim Best-in-Class-Ansatz handelt es sich um eine Anlagestrategie, welche die besten Unternehmen innerhalb einer Branche anhand ihrer Nachhaltigkeitsleistungen auswählt.

Der Best-in-Class-Ansatz ist eine Anlagestrategie, auf welcher basierend auf ESG-Kriterien die besten Unternehmen innerhalb einer (oft auch nicht nachhaltigen) Branche, Kategorie oder Klasse ausgewählt werden. Das heißt, man könnte auch sagen, welches Unternehmen sich noch am meisten bemüht. Das muss allerdings nicht zwingend heißen, dass dieses Unternehmen auch wirklich nachhaltig ist.  

Neben dem Best-in-Class-Ansatz können noch andere unterschiedliche Anlagestrategien zum Einsatz kommen. Welche das sind und wie sie in der Praxis umgesetzt werden erfährst du im Artikel: „Die richtigen Strategien fürs nachhaltige investieren – ein Überblick“

Aber jetzt mal mehr zum Best-in-Class-Ansatz:

  • Was bedeutet Best-in-Class?
  • Das Problem mit dem Best-in-Class Ansatz 
  • Was spricht für Best-in-Class?
  • Warum der Best-in-Class-Ansatz für eine Transformation wichtig sein kann?
  • Anwendung Best-in-Class-Ansatz im DACH-Raum
  • Best-in-Class: Recap in a Heartbeat 

Was bedeutet Best-in-Class? 

Eigentlich beschreibt der Name schon sehr gut, worum es geht. Wer ist Klassenbester? Oder anders: Welches Unternehmen ist das Beste in einer bestimmten Branche? 

Nur weil es dann das beste Unternehmen einer Branche ist und deswegen basierend auf dem Best-in-Class-Ansatz ausgewählt wurde, muss es nicht heißen, dass es auch wirklich nachhaltig handelt. Es ist dann eben weniger schlecht als die anderen der jeweiligen Branche. Deswegen kommt der Best-in-Class-Ansatz oft in die Kritik, vor allem wenn es beispielsweise um Branchen wie Öl-, Gas- oder Atomstromerzeugung geht. 

Aber schauen wir uns an, was damit gemeint ist

Das Problem mit dem Best-in-Class-Ansatz 

Der Best-in-Class-Ansatz ist wie bereits erwähnt, häufig in der Kritik keine ehrlich nachhaltige Anlagestrategie zu sein. Dieser Vorwurf basiert darauf, dass oft nicht nachhaltige und diskussionswürdige Branchen unterstützt werden. Das heißt, es gibt keinen grundsätzlichen Ausschluss von kontroversen Branchen. 

Das bedeutet also für dich, wenn du dir z.B. einen nachhaltigen Fonds ansiehst, der den Best-in-Class anwendet, dass hier trotzdem unter Umständen Ölunternehmen, Tabakhersteller, Atomstrom-Anbieter & Co. drinstecken. Das sind zwar dann trotzdem Unternehmen, die zumindest weniger Schaden als ihre Branchenkonkurrenz anrichten, aber es sind immer noch fragwürdige Unternehmen. Das solltest du bedenken, bei der Wahl des jeweiligen Investmentprodukts. 

Was spricht für Best-in-Class?

Allerdings gibt es auch Stimmen, die FÜR den Best-in-Class-Ansatz sprechen. Der Grundgedanke vom Best-in-Class-Ansatz war der, dass es immer gewisse Unternehmen und Branchen geben wird, die wir auch zukünftig noch brauchen werden und hier ein Wettbewerb geschaffen werden muss. 

Denken wir da z.B. nur an die Stahlproduktion oder den Auto-Bau. Beide dieser Branchen sind sehr energieintensiv und nicht gerade umweltfreundlich, aber ein Haus ohne Stahl oder eine Welt komplett ohne Fahrzeuge werden sich nur wenige von uns vorstellen können. Da kann es dann Sinn machen, mithilfe des Best-in-Class-Ansatzes einen Wettbewerb innerhalb einer Branche zu schaffen. So bringt man die Unternehmen dazu, trotzdem innerhalb ihrer Branche am nachhaltigsten zu wirtschaften.  

Ebenso ist man in der Finanzbranche der Meinung, dass wir den Best-in-Class-Ansatz für die Energiewende brauchen werden, um all diese Transformationen irgendwie finanzieren zu können. 

Warum der Best-in-Class-Ansatz für eine Transformation wichtig sein kann? 

Wenn der eigene Wertekompass sehr genau ist, dann kann einem der Best-in-Class-Ansatz falsch vorkommen. Immerhin handelt es sich in vielen Fällen trotzdem um eine nicht unterstützenswerte Branche und dann soll man sich sozusagen „das geringere Übel“ aussuchen? Diesen Gedanken verstehe ich absolut, aber es gibt einen weiteren Blickwinkel, der es wert ist, zumindest darüber nachzudenken.  

Wir brauchen dringend eine radikale Veränderung und die damit verbundene Transformation. Es gibt eine große Bandbreite an Unternehmen, dessen Kerngeschäft auf dem ersten Blick jedenfalls nicht unterstützt werden sollte. ABER wenn das jeweilige Unternehmen ein ehrliches Bewusstsein für die Probleme zeigt und bereits nach Alternativen oder anderen Lösungen sucht, dann sollte man diese Transformation ja doch auch irgendwie unterstützen. 

Ein Beispiel, um diesen Gedanken etwas besser zu verstehen. 

Angenommen wir haben ein Unternehmen, welches Verpackungsmaterial aus Plastik herstellt. Die Basis für Plastikverpackung ist Öl und damit fossiler Brennstoff. Ich brauche nicht weiter erklären, warum dieses Unternehmen wahrscheinlich nicht den nächsten Nachhaltigkeitspreis verdient hätte. 

ABER wie sieht die Situation aus, wenn sich das Unternehmen wirklich ernsthaft damit auseinandersetzt, wie eine nachhaltige Alternative aussehen könnte? Zum Beispiel viel Geld in Forschung und Entwicklung investiert, um herauszufinden, wie eine Plastikverpackung zukünftig aus recyceltem Plastik hergestellt werden kann. Dadurch muss kein frisches Öl aus der Erde geholt werden, der Plastikmüll wird verringert und wir profitieren trotzdem von den Eigenschaften, die Plastikverpackungen so beliebt machen. Es ist damit noch immer ein Plastikverpackungs-Hersteller, aber es bemüht sich, eine nachhaltige Alternative zum aktuellen Kerngeschäft zu finden. Wir müssen ALLE Unternehmen dazu bringen, auf nachhaltige Alternativen umzusteigen und dafür benötigen sie Geld. So könnte der Best-in-Class-Ansatz einen wichtigen Beitrag dazu leisten. 

Selbst wenn ein Unternehmen auf den ersten Blick nicht als nachhaltig gilt und damit nicht unterstützenswert scheint, kann es doch trotzdem an Lösungen für ein großes Problem forschen. In diesem Fall ist es doch sinnvoller, zumindest das eine Unternehmen einer Branche, dass sich um Lösungen bemüht zu unterstützen. 

Das ist auch einer der Gedanken des Best-in-Class-Ansatzes. Leider muss man aber auch dazu sagen, dass dieser Ansatz oft missbräuchlich verwendet wird. Ein genaues Auge ist da unumgänglich. 

Vielleicht schauen wir uns dazu noch an, wie oft die Anlagestrategie Best-in-Class überhaupt eingesetzt wird. 

Anwendung Best-in-Class im DACH-Raum 

Damit du ein Gefühl dafür bekommst, wie oft Best-in-Class zum Einsatz kommt, werfen wir einen Blick in den aktuellen FNG-Bericht 2022. Das Forum für nachhaltige Geldanlagen veröffentlicht jedes Jahr den FNG-Bericht und dient damit als Quelle, wenn es um aktuelle Daten zu Nachhaltigen Geldanlagen geht. 

In der Grafik kann man erkennen, dass der Einsatz vom Best-in-Class-Ansatz in den Ländern des DACH-Raumes sehr unterschiedlich ist. In Deutschland kommt der Best-in-Class Ansatz im Vergleich zu anderen Anlagestrategien nicht so oft zum Einsatz (mit 65 Prozent an 6. Stelle), wie beispielsweise in Österreich (mit 84 Prozent an 3. Stelle). Die Schweiz scheint kein besonders großer Fan vom Best-in-Class Ansatz zu sein (nur 12 Prozent). 

Best-in-Class: Recap in a Heartbeat

Du solltest beim Best-in-Class-Ansatz jedenfalls ein kritisches Auge auf das jeweilige Finanzprodukt oder Unternehmen haben. Tatsächlich wird ein solches Ranking oft zu Zwecken von Greenwashing verwendet. Das bedeutet, nicht alles was als nachhaltig oder grün bezeichnet wird, ist es dann tatsächlich auch. Daher wieder genau schauen und sich selbst ein Bild machen. Dennoch muss es nicht heißen, dass der Best-in-Class-Ansatz grundsätzlich verteufelt werden sollte. Er kann trotzdem auch eine wichtige Rolle bei der notwendigen Transformation in Richtung Bekämpfung der Klimakrise spielen. Es gilt, genau schauen, um keine bösen Überraschungen zu erleben. 

FAQ

Was versteht man unter Best-in-Class?
Welche Kritik gibt es beim Best-in-Class Ansatz?
Warum Best-in-Class?

Autorenbox

Lisa hat vor beatvest in einer Privatbank gearbeitet, wo sie das Vermögen von ultra-high-net-worth Individuals betreut hat. Sie kennt sich mit jeder Anlageklasse aus und hat für jede Frage zum Thema Investieren eine Antwort parat. Lisa steht bei beatvest auch jederzeit gerne für Fragen zur Verfügung. Du kannst sie unter lisa@beatvest.com erreichen.

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