Stell dir vor, du sitzt mit 64 schon morgens gemütlich beim Frühstück und denkst nicht mehr an den Bürostress, während deine ehemaligen Kollegen im Stau zur Arbeit stehen.
Früher in Rente gehen – das klingt verlockend, oder? Doch was heißt das konkret in Deutschland? Im Grunde bedeutet es, dass du deinen Ruhestand vor der gesetzlichen Regelaltersgrenze antrittst. Diese Regelaltersgrenze liegt derzeit bei 67 Jahren und wird schrittweise von ehemals 65 auf 67 angehoben. Früher in Rente heißt also, vor dem 67. Geburtstag in den Genuss der Altersrente zu kommen – je nach Geburtsjahr und Versicherungszeit sogar mit 63, 64 oder 65 Jahren.
Aber aufgepasst: Die Rentenkasse schenkt einem nichts. Wenn du vor der Regelalterszeit in Rente gehen willst, musst du entweder bestimmte Voraussetzungen erfüllen oder Abschläge (also Rentenkürzungen) in Kauf nehmen.
Warum also überhaupt früher in Rente? Viele haben den Wunsch, ein paar Jahre Lebenszeit für sich zu gewinnen, vielleicht weil die Gesundheit nicht mehr top ist, weil Hobbys und Familie locken oder weil man einfach nicht mehr bis 67 im Job ausharren möchte. Einige gehen auch deshalb früher, weil sie lange genug gearbeitet haben – schließlich kommen bei einem Start mit 67 leicht 45 bis fast 50 Berufsjahre zusammen, je nachdem wann man angefangen hat.
Wer würde da nicht gerne ein paar Jahre abziehen?
In diesem Artikel zeige ich dir alle legalen Tricks, mit denen du als Angestellter in Deutschland deinen Rentenbeginn nach vorne ziehen kannst – mit möglichst geringen finanziellen Einbußen.
Die „Rente mit 63“:Voraussetzungen, Abschläge und Beitragsjahre
Hast du schon von der „Rente mit 63“ gehört? Dieser Begriff geistert seit Jahren durch die Medien und Stammtische. Ursprünglich wurde er 2014 eingeführt, um Menschen mit besonders langem Arbeitsleben einen früheren Renteneintritt ohne Abschläge zu ermöglichen. Man nannte das offiziell die Altersrente für besonders langjährig Versicherte. Allerdings ist der Name etwas irreführend: Für frühe Jahrgänge stimmte das mit den 63, doch für Jüngere hat es sich nach hinten verschoben.
Schauen wir es uns genauer an: Es gibt zwei Gruppen von Arbeitnehmern, die früher in Altersrente gehen können: „langjährig Versicherte“ mit mindestens 35 Beitragsjahren und „besonders langjährig Versicherte“ mit mindestens 45 Beitragsjahren.
Mit 35 Versicherungsjahren früher in Rente (langjährig Versicherte)
Wenn du mindestens 35 Jahre Beiträge in der gesetzlichen Rentenversicherung hast, kannst du vor Erreichen der Regelaltersgrenze bereits in Rente gehen. Das früheste Alter dafür ist 63.
Für jeden Monat, den du vor deiner eigentlichen Altersgrenze in Rente gehst, beträgt der Abschlag 0,3 % – das summiert sich auf bis zu 14,4 % weniger Rente dauerhaft (das entspricht 48 Monaten * 0,3 % bei vier Jahren Vorziehung). Diese Kürzung bleibt lebenslang bestehen. Ein Beispiel: Erwartest du regulär 1.500 € Monatsrente mit 67 und möchtest drei Jahre früher mit 64 in Rente, dann sind das 36 Monate * 0,3 % = 10,8 % Abschlag. Deine Rente läge dann nur noch bei rund 1.338 € – und das jeden Monat, ein Leben lang.
Du merkst: Einfach so früher gehen ist teuer, wenn man keine speziellen Regeln erfüllt. Die Regelaltersgrenze selbst hängt übrigens vom Geburtsjahr ab – für 1964 Geborene liegt sie schon bei 67, für Jahrgänge 1958 z.B. bei 66 Jahren und einige Monate.
Aber früher als 63 kann derzeit niemand in eine normale Altersrente, es sei denn über andere Schienen wie z.B. eine Erwerbsminderungsrente (Invaliditätsrente) oder die besondere Schwerbehindertenregelung, auf die ich kurz noch eingehe. Für uns zählt hier: 63 ist die magische Untergrenze für den klassischen vorgezogenen Altersruhestand als langjährig Versicherter.
Mit 45 Versicherungsjahren („Rente mit 63“ bzw. besonders langjährig Versichert)
Wenn du unglaubliche 45 Beitragsjahre auf dem Buckel hast, gehörst du zu den besonders langjährig Versicherten.
Diese Gruppe darf ohne Rentenabschläge früher in Rente gehen. Früher bedeutete das einmal 63 Jahre, daher der Begriff „Rente mit 63“. Doch auch hier steigt das Mindestalter an: Für jeden Jahrgang ab 1953 erhöhte sich das Eintrittsalter um zwei Monate. Wer 1964 oder später geboren ist, kann nach 45 Beitragsjahren erst mit 65 abschlagsfrei in Rente gehen. Mit anderen Worten: Aus der ursprünglichen Rente mit 63 ist für die Jüngeren de facto eine Rente mit 64, 65 geworden.
Aber der Clou bleibt: Keine Abschläge! Erfüllst du also die 45 Jahre Wartezeit, darfst du bis zu zwei Jahre vor der normalen Altersgrenze in Rente – und bekommst trotzdem die volle Rentenhöhe ausgezahlt.
Wichtig zu wissen: Diese besondere 45-Jahre-Rente kann man nicht noch weiter vorziehen. Vor dem dafür vorgesehenen Alter (63 bei den Ältesten, 65 bei den Jüngsten) gibt’s sie auf keinen Fall, auch nicht mit Abschlag. Entweder du erfüllst die 45 Jahre und erreichst das entsprechende Alter, oder eben nicht. Aber wenn doch, ist das ein sehr attraktiver Weg, früh aus dem Job zu kommen, ohne dass dir monatlich Geld fehlt.
Jetzt fragst du dich sicher: Was zählt alles in diese 35 bzw. 45 Versicherungsjahre hinein? Mehr als du denkst.
Es geht um Beitragsjahre in der gesetzlichen Rentenversicherung – das umfasst nicht nur reine Arbeitszeiten, sondern allerlei anrechenbare Zeiten. Hier ein kurzer Überblick in verständlichen Worten:
- Beitragszeiten durch Arbeit: Klar, die Jahre, in denen du ganz normal als Angestellter oder Selbständiger in die Rentenkasse eingezahlt hast (Pflichtbeiträge), zählen voll. Auch Zeiten im Krankengeld oder Arbeitslosengeld I können mitzählen, da hier die Versicherung weiterlief. Achtung: Arbeitslosengeld II (Hartz IV) zählt nicht zu den 45 Jahren. Und ganz heikel: Solltest du in den letzten zwei Jahren vor Rentenbeginn arbeitslos sein, werden diese Monate für die 45 Jahre nur anerkannt, wenn die Arbeitslosigkeit wegen einer Insolvenz oder Geschäftsaufgabe deines Arbeitgebers erfolgte. Man will verhindern, dass jemand kurz vorm Ziel „freiwillig“ arbeitslos wird, nur um die 45 Jahre vollzubekommen.
- Minijobs: Hast du mal einen Minijob gemacht? Wenn nur der Arbeitgeber den Pauschalbeitrag gezahlt hat (und du nichts), dann zählen diese Zeiten nur anteilig oder gar nicht. Hast du jedoch eigene Beiträge im Minijob gezahlt (das ging früher mit einem kleinen Eigenanteil), dann zählt dieser Minijob wie eine normale Arbeitszeit voll dazu.
- Kindererziehungszeiten: Die ersten 2,5 bis 3 Jahre pro Kind werden als Beitragszeit gutgeschrieben (bei Geburten seit 1992 sind es 3 Jahre). Für die 45 Jahre werden Pflichtbeiträge und Berücksichtigungszeiten während der Erziehung bis zum 10. Lebensjahr des Kindes berücksichtigt. Heißt: Kinder großgezogen? Dann bekommst du dafür ein paar Jahre angerechnet – sehr wichtig vor allem für Mütter, die wegen der Kinder beruflich zurückgesteckt haben.
- Pflege von Angehörigen: Wer zu Hause einen Menschen pflegt, der nicht erwerbsmäßig gepflegt wird, kann ebenfalls Zeiten angerechnet bekommen. Häufig zahlt in solchen Fällen die Pflegeversicherung Beiträge für dich in die Rentenkasse – auch das zählt natürlich.
- Schule, Studium, Ausbildung: Hier wird’s kompliziert. Schul- und Studienzeiten nach dem 17. Lebensjahr gelten zwar als sogenannte Anrechnungszeiten – sie helfen für die 35 Jahre Regelung ein Stück weit mit (als Anrechnungszeit bei 35 Jahren okay), aber für die 45 Jahre zählen Schul- und Studienzeiten nicht mit. Dafür könntest du jedoch – wie wir später sehen – nachträglich Beiträge zahlen, wenn du solche Lücken hast. Dazu später mehr.
- Freiwillige Beiträge: Selbst freiwillig gezahlte Beiträge (wenn du z.B. mal selbstständig warst oder im Ausland und freiwillig weiter in die deutsche Kasse gezahlt hast) zählen sowohl für die 35 als auch (mit Einschränkung) für die 45 Jahre. Bei den 45 Jahren werden freiwillige Beiträge allerdings nur gezählt, wenn mindestens 18 Jahre Pflichtbeiträge vorliegend. Man will also ausschließen, dass jemand ausschließlich mit freiwilligen Mini-Beiträgen diese Privileg-Rente erschleicht, ohne lange gearbeitet zu haben.
- Sonstiges: Es gibt noch exotische Dinge wie Ersatzzeiten (z.B. politisch Verfolgte in der DDR bekommen Zeiten angerechnet) oder Zeiten aus Versorgungsausgleich oder Rentensplitting – wobei letztere für die 45 Jahre nicht zählen.
Du siehst, vieles wird berücksichtigt. Für dich heißt das: Prüfe unbedingt dein Rentenkonto, ob alle Zeiten richtig erfasst sind. Ab 55 schickt dir die Rentenversicherung ohnehin automatisch eine Rentenauskunft, in der solche Zeiten detailliert stehen. Es wäre doch ärgerlich, wenn ein vergessenes Jahr Elternzeit oder ein Minijob, in dem du doch Beiträge gezahlt hast, am Ende fehlt und du dadurch vielleicht die 45 oder 35 Jahre nicht erreichst.
Exkurs: Schwerbehindertenrente
Ein legaler „Trick“, den nicht jeder auf dem Schirm hat: Solltest du einen Grad der Behinderung von mindestens 50 % haben und mindestens 35 Versicherungsjahre vorweisen, gibt es die Altersrente für schwerbehinderte Menschen.
Hier liegt die Altersgrenze ebenfalls niedriger. Je nach Geburtsjahr kannst du als Schwerbehinderter schon mit 63 (abschlagsfrei) oder sogar 60 (mit Abschlägen) in Rente gehen – für Jahrgänge ab 1964 gilt z.B. regulär 65 als Altersgrenze für Schwerbehinderte, frühestens mit Abschlag dann 62. Dies nur als Hinweis: Manchmal erhalten Leute im höheren Alter einen Schwerbehindertenstatus (etwa wegen chronischer Erkrankungen) und könnten so ein paar Jahre früher in den Ruhestand gelangen. Natürlich ist das kein „Trick“, den man sich aussuchen kann – die Gesundheit sollte man nicht aufs Spiel setzen. Aber wenn es sowieso so ist, sollte man die Erleichterungen kennen.
Soweit zu den Rahmenbedingungen. Jetzt, da wir wissen, wer überhaupt früher in Rente darf, kommen wir zur nächsten Frage: Wie kannst du fehlende Zeiten ausgleichen oder Abschläge reduzieren, um möglichst wenig Einbußen zu haben? Hier kommen einige spannende Möglichkeiten ins Spiel.
Fehlende Jahre ausgleichen: Freiwillige Beiträge einzahlen
Vielleicht hast du beim Blick auf deine Renteninformation festgestellt, dass dir ein paar Beitragsjahre fehlen, um die magischen 35 oder 45 Jahre vollzubekommen. Oder du planst eine Auszeit und willst verhindern, dass dadurch eine Lücke in deinem Rentenkonto entsteht. In solchen Fällen kannst du dir die freiwillige Rentenversicherung zunutze machen.
Freiwillige Beiträge bedeuten: Du zahlst aus eigener Tasche in die gesetzliche Rentenkasse ein, ohne dass dafür eine gesetzliche Pflicht besteht. Jeder, der in Deutschland lebt (oder früher schon mal eingezahlt hat und nun z.B. im Ausland lebt), kann freiwillige Beiträge leisten. Damit kannst du Lücken schließen und Rentenansprüche sichern.
Ein typischer Anwendungsfall ist, wenn jemand z.B. längere Zeit studiert hat. Wie oben erwähnt, zählen Schul- und Studienzeiten nach dem 17. Lebensjahr nur begrenzt. Maximal werden 8 Jahre Studium zwischen 17 und 25 als Anrechnungszeit berücksichtigt, aber eben ohne Beiträge. Hast du etwa mit 30 erst zu arbeiten begonnen, fehlen dir ja etliche Jahre an Beitragszeit. Um später die Mindestversicherungszeit (mindestens 5 Jahre Beiträge braucht man für irgendeinen Rentenanspruch) oder eben die 35/45 Jahre voll zu bekommen, kannst du diese fehlenden Monate nachträglich bezahlen.
Solche Nachzahlungen für Ausbildungszeiten sind nur bis zum 45. Lebensjahr möglich. Du musst also relativ früh planen, ob du z.B. für ein langes Studium freiwillig Beiträge nachschießen willst, um keine Rentenlücke zu haben.
Ein anderes Beispiel: Du überlegst mit 63 aufzuhören zu arbeiten, hast aber erst 33 Beitragsjahre. Ohne 35 Jahre könntest du gar nicht mit 63 in Altersrente gehen. In dem Fall könntest du z.B. mit 63 und 64 jeweils freiwillige Beiträge zahlen (wenn du nicht mehr pflichtversichert bist, etwa weil du dann nicht mehr arbeitest), um die fehlenden 2 Jahre auf 35 zu füllen.
Wie viel muss man zahlen?
Die Rentenversicherung setzt für freiwillige Beiträge Grenzen fest: Monatlich mindestens ca. 110 € und höchstens ca. 1.500 € (Stand 2025: genau 103,42 € bis 1.497,30 € pro Monat).
Innerhalb dieser Spanne kannst du dir den Betrag aussuchen. Du könntest also auch mit kleinen Beträgen einzahlen – je nach Budget. Allerdings beeinflusst die Höhe natürlich auch deine spätere Rente. Jeder eingezahlte Euro kauft dir Rentenansprüche (Rentenpunkte). Der Mindestbeitrag ist vor allem relevant, wenn es dir nur darum geht, Zeiten zu füllen – für die 5 Jahres-Mindestwartezeit reicht z.B. das Zahlen des Mindestbeitrags für die fehlenden Monate aus. Willst du hingegen deine Rente merklich erhöhen, müsstest du eher in Richtung des Maximalbeitrags gehen, sofern finanziell machbar.
Flexibel ist das Ganze auch: Du kannst pro Jahr bis zu 12 Zahlungen leisten, die Höhe sogar variieren. Du kannst die freiwilligen Einzahlungen jederzeit einstellen oder ändern. Es ist also kein starrer Vertrag, sondern eher wie Einzahlungen auf ein Sparbuch – nur dass es in die Rentenkasse geht.
Wofür bringt das nun konkret etwas? Hier ein paar Strategien:
- 35-Jahre-Hürde knacken: Hast du z.B. 34 Jahre auf dem Konto und bist 62 Jahre alt, könntest du durch ein freiwilliges Beitragsjahr (vielleicht nach Ausscheiden aus dem Job) das 35. Jahr vollmachen, um mit 63 die „langjährig Versicherten“-Rente nutzen zu können. Ohne das zusätzliche Jahr müsstest du bis 67 warten, so könntest du mit Abschlägen schon 4 Jahre eher los.
- 45-Jahre vollmachen: Die Hürde ist höher. Hier muss man beachten, dass freiwillige Beiträge für die 45 Jahre nur zählen, wenn mindestens 18 Jahre Pflichtbeiträge schon vorhanden sind. Angenommen, du hast 43 oder 44 Pflichtbeitragsjahre und bist 63 Jahre alt. Wenn du nun aus dem Job ausscheidest, könntest du theoretisch noch 1–2 Jahre freiwillig zahlen, um auf die 45 zu kommen. Aber Achtung: Das klappt nur, wenn du bereits 18 echte Arbeitsjahre hast (was in dem Fall ja gegeben wäre). Wäre also möglich, z.B. mit 65 dann abschlagsfrei in Rente zu gehen. Allerdings muss man auch sagen: Wer 43 oder 44 Jahre gearbeitet hat, schafft die 45 vielleicht auch so, z.B. mit etwas Arbeitslosengeld oder einer kleinen Beschäftigung. Dennoch, freiwillige Beiträge sind ein Instrument, um auf Nummer sicher zu gehen.
- Lücken durch Auszeiten schließen: Vielleicht hast du mal ein Jahr Sabbatical gemacht oder aus anderen Gründen ein Jahr ohne Job verbracht (und kein Arbeitslosengeld bezogen). Solche Lücken bedeuten weniger Rente und können evtl. bei den Wartezeiten fehlen. Durch freiwillige Beiträge könntest du zum Beispiel während eines Sabbaticals freiwillig den Mindestbeitrag zahlen, damit dir das Jahr später als Beitragszeit angerechnet wird und deine Rente minimal weiterwächst.
Neben dem Auffüllen von Zeiten haben freiwillige Beiträge noch einen netten Nebeneffekt: Steuerliche Absetzbarkeit. Beiträge zur gesetzlichen Rentenversicherung gelten als Altersvorsorgeaufwendungen und sind bis zu einer recht hohen Obergrenze steuerlich absetzbar. Seit 2023 können Rentenbeiträge sogar zu 100 % geltend gemacht werden (bis zum Höchstbetrag). Das heißt, wenn du z.B. als Gutverdiener freiwillig extra in die Rentenkasse einzahlst, kann das deine Steuerlast in dem Jahr deutlich mindern. Dadurch zahlt quasi der Fiskus einen Teil deiner Rentenbeiträge mit.
Das macht freiwillige Einzahlungen gleich doppelt attraktiv, sofern man die Liquidität hat. Man sollte sich hierzu aber beraten lassen (Steuerberater oder Lohnsteuerhilfe), um es optimal zu gestalten.
Noch ein Hinweis: Freiwillig einzahlen kann man auch, um später Abschläge auszugleichen. Aber dazu kommen wir gleich im nächsten Abschnitt, denn dafür gibt es ein spezielles Verfahren – die Sonderzahlungen zum Ausgleich von Rentenabschlägen.
Bevor wir dahin springen, merke dir: Freiwillige Beiträge sind ein flexibles Werkzeug. Sie helfen dir, Ansprüche zu sichern und Lücken zu vermeiden. Gerade wenn du planst, vor 67 aus dem Job auszuscheiden, kann es sinnvoll sein, die Zeit bis zum Rentenbeginn noch mit freiwilligen Beiträgen zu überbrücken, damit du am Ende nicht Monate verschenkst. Hol dir im Zweifel bei der Rentenversicherung Rat – sie bieten kostenlose Beratung an und können dir genau sagen, was in deiner Situation Sinn ergibt.
Abschläge „wegkaufen“: Mit Sonderzahlungen die Rente retten
Kommen wir nun zu einer genialen Möglichkeit, Abschläge quasi freizukaufen.
Stell dir vor, du weißt schon mit 55: „Ich will definitiv mit 63 in Rente gehen, auch wenn meine offizielle Altersgrenze 67 ist.“ Du hast 35+ Versicherungsjahre und könntest es also tun, aber dich schreckt der fette Abschlag von z.B. 14,4 % (bei vier Jahren früher). Wäre es nicht super, wenn du der Rentenkasse irgendwie Geld geben könntest, damit die auf den Abschlag verzichten? Genau das geht – mit Sonderzahlungen zum Ausgleich von Rentenabschlägen.
Die Regel ist relativ unbekannt, aber äußerst nützlich: Ab dem 50. Lebensjahr darf jeder, der theoretisch früher in Rente gehen könnte, bei der Rentenversicherung eine Sonderzahlung leisten, um die Abschläge auszugleichen. Das heißt, du zahlst freiwillig einen größeren Betrag ein, und dafür wird deine spätere Rente so erhöht, dass der frühere Rentenbeginn keine oder weniger finanzielle Einbußen bringt.
Wie funktioniert das genau? Zunächst musst du eine Auskunft bei der Rentenversicherung einholen. Du teilst mit, wann du vorhast in Rente zu gehen (z.B. genau mit 63) und man errechnet dir:
- wie hoch deine voraussichtliche Rente dann wäre,
- wie hoch der Abschlag in Euro pro Monat wäre (z.B. 100 € weniger im Monat),
- welcher Betrag notwendig wäre, um diesen Abschlag auszugleichen.
Diese Berechnung folgt einer gesetzlichen Formel und hängt z.B. von Faktoren wie dem aktuellen Durchschnittsverdienst und Rentenwerten ab. Du bekommst quasi einen „Preis“ genannt für dein früheres Rentenglück.
Hier ein paar Beispiele, die die Deutsche Rentenversicherung in ihrem FAQ nennt (Stand 2025):
- Brigitte P. möchte 1 Jahr vor ihrer regulären Grenze in Rente. Ihre Rente wäre 800 € monatlich, der Abschlag dafür 3,6 % = 28,80 € weniger pro Monat. Diesen Abschlag könnte sie mit einer Einmalzahlung von rund 7.100 € (erste Jahreshälfte 2025) komplett ausgleichen.
- Michael K. plant 2 Jahre früher zu gehen. Geplante Rente 1.000 € brutto, Abschlag 7,2 % = 72 € weniger. Ausgleichszahlung dafür etwa 18.500 €.
- Thorsten B. will 3 Jahre früher raus. Erwartete Rente 1.200 €, Abschlag 10,8 % = 129,60 € weniger im Monat. Benötigte Ausgleichszahlung ca. 34.700 €.
Das sind natürlich keine Pappenstiel-Beträge. Aber bedenke: Diese Leute erkaufen sich damit dauerhaft eine höhere Rente bzw. vermeiden die Kürzung. Wenn Thorsten B. z.B. 20 Jahre Rente bezieht, sind 129,60 € * 12 * 20 = ~31.100 € die er an Abschlag zahlen würde – mit 34.700 € Einmalzahlung hätte er das kompensiert. Das rechnet sich nicht direkt (der Rentenversicherung soll es sich ja eher rechnen), aber es kommt in die Nähe. Zudem muss man die Steuer beachten, doch dazu gleich.
Wichtig zu verstehen: Du musst diese Zahlung nicht leisten, nur weil du die Auskunft eingeholt hast. Das Ganze ist freiwillig und flexibel. Du kannst auch Teilbeträge zahlen. Wenn du z.B. nur die Hälfte des Abschlags ausgleichen willst, zahlst du eben entsprechend weniger – dann hast du später zwar noch einen Abschlag, aber eben einen geringeren. Die Rentenversicherung erlaubt sogar mehrere Zahlungen pro Jahr (Ratenzahlung im weiteren Sinne). Vielleicht zahlt man einen Teil mit 55, nochmal mit 56 usw., je nachdem wie es finanziell passt.
Noch ein ganz zentraler Punkt: Wenn du zahlst, bist du nicht verpflichtet, auch wirklich früher in Rente zu gehen! Vielleicht entscheidest du dich später doch anders oder dein Arbeitgeber lockt dich doch noch zu bleiben. Kein Problem – die Sonderzahlung verfällt nicht. Sie erhöht dann einfach deine Rente, wenn du normal in Rente gehst. Eine Rückerstattung gibt es allerdings nicht. Das heißt, einmal eingezahlt, bleibt das Geld in der Rentenkasse und kommt dir als Rentner zugute, egal ob früher oder später.
Damit ist diese Sonderzahlung im Grunde risikolos: Entweder du bekommst dadurch früher deine volle Rente, oder, wenn Pläne sich ändern, später eine höhere Rente als ohne Zahlung. So oder so, das Geld ist für deine Rente angelegt.
Zu den Kosten nochmal: Die Berechnung hängt von der Rentenkürzung ab und von allgemeinen Werten. 2025 stiegen die nötigen Beträge z.B. kräftig an (im Beispiel ~11 % teurer als 2024), weil die Löhne gestiegen sind und damit Rentenwerte. Daher rät die Rentenversicherung auch: Wenn du sicher bist, du willst das machen, dann besser früher als später, da es erfahrungsgemäß jedes Jahr etwas teurer wird, die Abschläge auszukaufen.
Hol dir also idealerweise rechtzeitig (mit 50 oder Anfang 50) mal die Info ein. Der Antrag auf Auskunft ist übrigens ein spezielles Formular (V0210), aber einfacher: Ruf bei der Rentenversicherung an oder mach einen Termin, die helfen dir dabei. Das Auskunftsbescheid ist unverbindlich, aber nur eine gewisse Zeit gültig (üblicherweise 3 Monate gelten die Konditionen). Wenn du innerhalb von 3 Monaten nach der Auskunft zahlst, gilt noch die alte Berechnung, selbst wenn sich inzwischen Werte geändert haben.
Steuerlicher Hebel: So eine Sonderzahlung kann ziemlich hoch sein – aber das Finanzamt hilft mit. Diese Zahlungen kannst du steuerlich absetzen (wie normale Rentenbeiträge) und zwar bis zur gesetzlichen Höchstgrenze. Gerade wer in den 50ern oft auf seinem Einkommenshöhepunkt ist, kann durch geschickte Aufteilung vielleicht einiges sparen.
Beispiel: Du willst ~30.000 € einzahlen, um Abschläge zu tilgen. Wenn du das in einem Jahr machst, kannst du nur bis zur Vorsorge-Höchstgrenze anrechnen (die aber inzwischen über 26.000 € für Ledige liegt, Tendenz steigend). Evtl. splitten auf zwei Jahre kann steuerlich vorteilhaft sein, weil du so zweimal den Maximalabzug nutzen kannst. Das sollte man unbedingt mit einem Steuerberater durchrechnen. Es könnte z.B. sinnvoll sein, einen Teil der Zahlung noch kurz vor Renteneintritt zu machen, wenn dein Einkommen schon geringer ist, usw. Hier steckt Sparpotenzial.
Wer darf Sonderzahlungen leisten?
Du musst 50 Jahre oder älter sein und die Voraussetzungen für eine vorgezogene Rente erfüllen können. Bedeutet: Es muss absehbar sein, dass du z.B. 35 Jahre voll bekommst (für die Rente ab 63) oder schwerbehindert etc. Bist du 50 und hast erst 20 Beitragsjahre, wirst du keine Erlaubnis kriegen – du müsstest erst mal 35 Jahre erreichen. In der Praxis richtet sich das primär an Leute, die ohnehin auf Kurs Frühruhestand sind. Die Rentenversicherung prüft das aber im Rahmen der Auskunft.
Alles in allem ist diese Sonderzahlungs-Option ein hervorragendes Instrument, wenn man früher gehen will, aber nicht auf so viel Geld verzichten möchte. Natürlich braucht man das nötige Kleingeld, um sich das leisten zu können. Doch manche planen genau das: Statt z.B. zusätzliche private Anlagen zu besparen, legen sie Geld zur Seite, um es dann mit 55+ gezielt in die Rentenkasse zu investieren. Im Grunde kaufst du dir damit nichts anderes als eine Art „Renten-Aufstockung“.
Behalte aber im Hinterkopf: Wenn du unsicher bist, ob du wirklich früher gehst, macht es vielleicht Sinn, nur teilweise auszugleichen. Denn falls du am Ende doch bis 67 arbeitest, hättest du auch ohne Zahlung volle Rente bekommen – mit Zahlung bekämst du dann eben noch etwas mehr, was ja nett ist, aber die Liquidität vorher musst du haben. Es ist eine individuelle Abwägung und definitiv ein Fall fürs persönliche Beratungsgespräch mit der Rentenversicherung, um zu sehen wie viel sich „lohnt“.
Fassen wir zusammen: Du kannst dir Abschläge vom Leib halten, indem du sie aus eigener Tasche kompensierst. Das mindert die Rentenkürzung oder eliminiert sie ganz. Damit ließe sich z.B. Rente mit 63 fast ohne Abstriche erreichen – sofern du bereit bist, der Rentenkasse einen ordentlichen Batzen Geld zu überweisen.
Flexirente und Teilrente
Früher war der Renteneintritt ein harter Schnitt: ganz arbeiten bis 65, dann von 0 auf 100 ins Rentnerleben.
Heute geht das auch flexibler, daher der Begriff Flexirente. Dieses Konzept wurde 2017 eingeführt und seitdem immer weiter verbessert. Die Idee: Du sollst gleitend in Rente gehen können, in dem du Teilrente und Hinzuverdienst kombinierst, und auch über die Altersgrenze hinaus arbeiten können, ohne Nachteile – alles freiwillig und flexibel nach deinen Bedürfnissen.
Was bedeutet das konkret für dich, der früher raus will?
Du kannst statt gleich die volle Rente zu nehmen, zunächst eine Teilrente beziehen, z.B. 50 % deiner Rente, und weiter (Teilzeit) arbeiten. Früher gab es strikte Hinzuverdienstgrenzen – man durfte nur wenig verdienen, sonst wurde die Rente gekürzt. Doch hier gibt es sehr positive Neuerungen: Seit 1. Januar **2023 gibt es für vorgezogene Altersrenten keinerlei Hinzuverdienstgrenze mehr! Bis 2022 galt noch eine Grenze von 46.060 € im Jahr (die war schon großzügig erhöht worden in der Corona-Zeit), aber jetzt ist sie ganz weg.
Das heißt: Wer vor der Regelaltersgrenze in Rente geht, darf jetzt beliebig viel hinzuverdienen, ohne dass die Rente gekürzt wird. Diese Änderung ist eine kleine Revolution, denn früher musste man sehr aufpassen, dass man nicht „zu viel“ arbeitet neben der Rente.
Für dich bedeutet das: Maximale Flexibilität. Wenn du z.B. mit 63 in Rente gehst (mit oder ohne Abschlag) und dann merkst, zuhause rumzusitzen ist doch nichts, kannst du problemlos nochmal arbeiten – sei es Minijob, Teilzeit oder sogar Vollzeit – ohne deine Rente zu verlieren. Deine Rente läuft weiter in voller Höhe. Natürlich musst du das mit deinem neuen Arbeitgeber klären (und die Steuer bedenkt das Gesamteinkommen, aber sozialversicherungsrechtlich ist es entspannt).
Viele nutzen die Flexirente so, dass sie zunächst eine Teilrente nehmen.
Du kannst eine Teilrente in 10 %-Schritten beziehen, z.B. 50 % oder auch 20 % deiner vollen Rente. Dadurch bleibt der Rest zunächst „ruhend“ und kann später höher ausfallen. Während du Teilrente beziehst und noch was dazuverdienst, zahlst du (unter 67) weiterhin normal Rentenbeiträge auf deinen Lohn. Diese erhöhen später nochmal deine Rente. Es ist also tatsächlich so: Wenn du vorzeitig in Rente gehst, aber weiter arbeitest, profitierst du doppelt – du hast schon Renteneinkommen und erhöhst durch deine Arbeit sogar deine spätere Rente noch leicht, da Beitragszeiten hinzukommen.
Nach Erreichen der Regelaltersgrenze (67) könntest du dann entweder ganz aufhören oder auch dann noch weiterarbeiten. Dann wärst du eigentlich rentenversicherungsfrei, kannst aber freiwillig auf die Versicherungsfreiheit verzichten, um weiter Rentenansprüche aufzubauen. Das richtet sich an die „Unermüdlichen“, die auch mit 68+ noch was tun wollen.
Wie nutzt man das nun „klug“, wie unsere Fragestellung lautet? Klug ist es vor allem, die Flexirente zu nutzen, um finanziell und zeitlich eine Balance zu finden.
Ein Beispiel: Angenommen, dir fehlen noch 2 Jahre bis zur abschlagsfreien Rente, aber du bist mit dem Job durch. Eine Möglichkeit wäre, die Rente schon zu beantragen, aber nur zu, sagen wir, 30 % als Teilrente. Dann bekommst du 30 % deiner eigentlich zustehenden Rente ausgezahlt. Dazu verdienst du dir etwas hinzu, vielleicht mit einem Teilzeitjob oder selbstständigen Tätigkeit, so dass du genug Einkommen hast, um die 2 Jahre zu überbrücken. Weil keine Hinzuverdienstgrenze mehr existiert, kannst du auch durchaus ordentlich hinzuverdienen, wenn sich die Gelegenheit ergibt – die Rente wird nicht geschmälert. Nach den 2 Jahren, wenn du regulär abschlagsfrei könntest, stellst du auf Vollrente um. Vorteil: Du warst finanziell abgesichert, konntest aber schon deutlich weniger oder anders arbeiten als vorher – quasi ein sanfter Ausstieg statt harter Cut.
Manche gehen sogar hin und beziehen eine 99 % Teilrente – das ist ein witziger Trick, der seit der Abschaffung der Grenze durch die Presse ging. 99% Rente heißt, du lässt 1% offen. Warum? Früher hätte man das gemacht, um noch minimal was hinzuverdienen zu dürfen – heute ist das egal, du könntest auch 100% nehmen und trotzdem verdienen. Aber 99% könnte relevant sein, wenn man z.B. noch pflichtversichert bleiben will (es gab mal die Überlegung, ob bei 100% Rente vor dem Alter die Versicherungspflicht endete – doch eigentlich endet sie erst mit Erreichen der Regelaltersgrenze, von daher ist 99% eher ein theoretischer Gag). In jedem Fall: Du kannst sehr feinsteuern, wie viel Rente du beziehst.
Aufgeschobener Rentenbeginn mit Extra-Plus
Flexirente bedeutet ja nicht nur früher beziehen, sondern auch später. Wenn du es aushältst, über 67 hinaus nicht gleich die Rente zu nehmen, belohnt man dich mit Rentenaufschlag (0,5 % pro Monat später). Einige kombinieren das: Sie reduzieren mit 63 die Arbeitszeit stark, beziehen eventuell eine kleine Teilrente zur Aufstockung, aber nehmen die Vollrente erst mit 68. So sammeln sie die Aufschläge ein. Das sprengt jetzt aber ein bisschen unseren Rahmen „früher in Rente“ – das wäre eher „flexibel um die Ecke gedacht“.
Im Kern heißt Flexirente für dich: Mach dir einen Plan, wie viel Freizeit vs. Einkommen du in deinen frühen 60ern haben möchtest.Du kannst durchaus ab 63 schon Rentenzahlungen erhalten und trotzdem weiter aktiv sein. Früher hatte man Sorge: „Wenn ich Rente beziehe, darf ich ja nicht mehr arbeiten sonst ist die Rente weg.“ Diese Sorge ist passé (jedenfalls für Altersrenten ab 63 aufwärts). Das ermöglicht es dir z.B. auch, mit deinem Arbeitgeber einen sanften Übergang zu vereinbaren: vielleicht reduziert du mit 63 deine Stunden auf 50%, nimmst gleichzeitig 50% der Rente. Dein Einkommen bleibt in Summe vielleicht ähnlich, aber du hast die Arbeitslast halbiert. Und mit 65 oder 66 sagst du Tschüss Job und erhöhst die Rente auf 100%.
Die Flexirente ist somit ein wunderbares Instrument für Work-Life-Ruhestands-Balance. Viele berichten, dass ihnen der Übergang leichter fällt, wenn sie noch in Teilzeit was zu tun haben, statt von 100 auf 0 zu fallen. Und falls es finanziell nötig ist, kann man so auch trotz vorgezogener Rente seinen Lebensunterhalt sichern, weil man ja hinzuverdienen darf.
Altersteilzeit und Teilzeit vor dem Rentenbeginn
Während die Flexirente von dir selbst und der Rentenversicherung gesteuert wird, gibt es auch Modelle, die du mit deinem Arbeitgeber vereinbaren kannst, um früher aus dem Vollzeitjob auszusteigen. Eines der bekanntesten ist die Altersteilzeit.
Altersteilzeit ist ein arbeitsrechtliches Modell, das es älteren Arbeitnehmern (ab 55 Jahren) ermöglicht, ihre Arbeitszeit halbieren zu lassen, um gleitend in Rente zu gehen. Es gab mal ein eigenes Altersteilzeitgesetz (ATG), das sogar staatliche Förderung vorsah, wenn der Arbeitgeber einen Teil der entgangenen Bezüge aufstockte. Diese Förderung gibt es für neue Verträge seit einigen Jahren nicht mehr, aber viele Unternehmen bieten Altersteilzeit auf freiwilliger Basis weiterhin an – gerade größere Unternehmen mit Sozialplänen. Einen Rechtsanspruch darauf hast du jedoch nicht. Es ist immer eine individuelle Absprache mit dem Chef.
Wie funktioniert Altersteilzeit (ATZ) in der Praxis?
Das klassische Modell ist das Blockmodell: Du arbeitest z.B. 3 Jahre Vollzeit weiter, bekommst aber schon nur noch halbes Gehalt, und dann bist du die nächsten 3 Jahre freigestellt bei weiterzahltem halben Gehalt. Effektiv arbeitest du also insgesamt nur die Hälfte der Zeit, bekommst aber über die gesamte ATZ-Dauer einen Teil deines Gehalts weiter. Arbeitgeber zahlen oft etwas Aufstockung: Mindestens 20% vom letzten Gehalt müssen sie drauflegen aufs halbe Gehalt, sodass du z.B. ~70% deines alten Netto weiterbekommst, obwohl du nur halbtags (bzw. im Block: die Hälfte der Zeit) arbeitest. Außerdem zahlen sie während ATZ weiter Rentenbeiträge ein, und zwar mindestens in Höhe von 90% deines früheren Gehalts. Damit soll verhindert werden, dass deine Rente später zu sehr sinkt, nur weil du in Altersteilzeit weniger verdienst. Mit dem Blockmodell erreichst du, dass du z.B. ab 60 gar nicht mehr arbeiten musst, aber bis 63 noch Gehalt (Aufstockung) kriegst. Mit 63 startest du dann idealerweise deine Rente (die 63 hier nur beispielhaft, es kann auch 62 auf 65 etc. sein, je nach Konstellation).
Gleichverteilungsmodell
Es gibt auch das Gleichverteilungsmodell (Teilzeit im wörtlichen Sinn): Du arbeitest z.B. 6 Jahre lang nur noch 50% der Stunden und gehst dann in Rente. Auch da würde der Lohn meist auf ~70% aufgestockt. Diese Variante ist vom Anspruch her gesünder (man arbeitet kontinuierlich weniger, statt erst voll und dann gar nicht), aber viele bevorzugen den Block (wer möchte nicht ein paar Jahre früher komplett frei haben?). Arbeitgeber wiederum bevorzugen oft das Blockmodell, weil am Ende der Freistellungsphase der Mitarbeiter einfach ausscheidet und ggf. ersetzt werden kann.
Für dich wichtig: Altersteilzeit muss man frühzeitig angehen. Viele Firmen haben interne Programme („50+“-Programme), wo sie Mitarbeiter ab einem gewissen Alter gezielt ansprechen. Informiere dich, ob dein Betrieb sowas anbietet. Manchmal gibt es das nur in bestimmten Zeitfenstern oder bei Personalabbau. Wenn ja: Rechne dir gut durch, ob das Angebot passt. 70% vom Netto klingt okay, aber du hast halt erst mal auch 3 Jahre mit nur 70% Einkommenseinbuße (im Blockmodell dann 3 Jahre 100% Arbeit für 70% Lohn – durchaus happig). Dafür hast du dann die Freijahre bezahlt.
Altersteilzeit ist besonders attraktiv, wenn du genau bis zu einem frühen Renteneintritt überbrücken willst. Beispiel: Du kannst mit 63 in Rente (sei es mit Abschlag oder weil du Schwerbehindert bist etc.). Du bist 57. Dein Arbeitgeber bietet dir 6 Jahre ATZ an, von 58 bis 63. Perfekt: du arbeitest z.B. 3 Jahre voll (58-60), 3 Jahre frei (61-63) bei halbem Lohn + Aufstockung, und fällst dann nahtlos mit 63 in die Rente. Während der Freistellung bist du sozialversichert weiter (der Vertrag läuft ja), brauchst dir um Krankenversicherung etc. keine Sorgen machen, und psychologisch hast du einen sanften Übergang (erst weniger Gehalt, dann Rente).
Nochmal, leider: Du kannst es nicht erzwingen. Wenn dein Arbeitgeber klein ist oder kein Interesse hat, musst du selbst Alternativen suchen. Aber vielleicht lässt er mit sich reden – manchmal kann man auch informelle Lösungen finden, z.B. einfach so Teilzeit (ohne offizielles ATZ-Modell mit Aufstockung).
Damit zum nächsten Punkt: Teilzeit vor der Rente. Auch ohne offizielles Altersteilzeit-Programm kannst du natürlich überlegen, deine Arbeitszeit zu reduzieren, um länger durchzuhalten oder mehr Freizeit zu haben. Dank Teilzeit- und Befristungsgesetz hast du als Arbeitnehmer in größeren Firmen ab 15 Mitarbeitern einen Anspruch auf Teilzeit, sofern keine dringenden betrieblichen Gründe entgegenstehen. Gerade vor der Rente machen davon viele Gebrauch: Lieber ab 60 nur noch 3 Tage die Woche arbeiten und dafür vielleicht bis 66 schaffen, als mit 63 vollkommen ausgebrannt hinzuschmeißen.
Teilzeit zu arbeiten hat zunächst mal keine speziellen Rentenvergünstigungen – du verdienst einfach weniger, zahlst entsprechend weniger Beiträge, fertig. Das heißt, deine Rente wächst etwas langsamer. Aber wenn dich die Teilzeit länger im Erwerbsleben hält, kann es sich trotzdem lohnen, weil du dann vielleicht ohne Abschläge bis zur Regelaltersgrenze kommst. Es ist also ein Abwägungsspiel: Höheres Gehalt und früher aufhören mit Abschlag, oder früher kürzer treten, dafür aber eventuell ohne Abschlag in Rente gehen.
Eine Sache, die man als Teilzeitvariante auch sehen kann: Es gibt das Modell „Vorruhestand“ in manchen Unternehmen, oft in Zusammenhang mit Abfindungen und Regelungen, was unser nächstes großes Thema ist. Dabei wird der Mitarbeiter gegen Zahlung einer Abfindung freigestellt, häufig auch in Kombination mit einer betrieblichen Vorruhestandsleistung. Das ist keine gesetzliche Rente, sondern der Arbeitgeber oder eine Unterstützungskasse zahlt bis zum Rentenbeginn einen monatlichen Betrag, um den Einkommensverlust abzufedern. Solche Modelle sieht man z.B. in der Industrie, wenn Stellen abgebaut werden – älteren Mitarbeitern bietet man dann finanziell überbrückte Frühpensionierungen an. Wenn dir so etwas offeriert wird, heißt es: Rechne gut nach, wie sicher die Zahlung ist (Insolvenzschutz?) und ob du damit hinkommst bis zur Rente.
Fassen wir diesen Abschnitt zusammen: Mit dem Arbeitgeber reden lohnt sich! Sei es offizielle Altersteilzeit, eine selbstgewählte Teilzeitstelle oder eine spezielle Vorruhestandsregelung – oft gibt es Spielraum, um den harten Schnitt zu vermeiden. Manche Arbeitgeber freuen sich sogar, wenn Ältere freiwillig früher gehen und Platz für Junge machen, und sind bereit, das finanziell zu unterstützen (z.B. durch Abfindungen oder Aufstockungen). Damit kommen wir direkt zum nächsten Punkt, der das konkret beleuchtet.
Vorruhestand durch Vereinbarung mit dem Arbeitgeber (Abfindung & Co.)
Nicht selten ist der Schlüssel zu einem früheren Ruhestand eine Einigung mit dem Arbeitgeber. Gerade in größeren Firmen mit Personalüberhängen gibt es häufig Angebote oder zumindest Verhandlungsmöglichkeiten, wenn ein Mitarbeiter wenige Jahre vor der Rente steht. Welche legalen Möglichkeiten hast du hier?
1. Aufhebungsvertrag mit Abfindung
Das ist wohl der Klassiker. Du vereinbarst mit deinem Arbeitgeber die Beendigung des Arbeitsverhältnisses zu einem bestimmten Termin (z.B. in einem Jahr), und er zahlt dir dafür eine Abfindung, also eine einmalige Entschädigung.
Das ermöglicht es dir, früher aufzuhören, und dem Arbeitgeber, einen Arbeitsplatz abzubauen, ohne betriebsbedingte Kündigung mit Kündigungsschutzklage-Risiko. Die Abfindung soll typischerweise den Verdienstausfall bis zur Rente etwas abfedern. Man rechnet oft grob nach Betriebszugehörigkeit: z.B. ein halbes bis ein volles Monatsgehalt pro Jahr der Beschäftigung als Abfindungssumme. In Verhandlungen kann man versuchen, mehr herauszuholen, wenn man schwer ersetzbar ist.
Worauf musst du achten? Erstens: Steuern. Abfindungen sind zwar steuerpflichtig, unterliegen aber oft der Fünftelregelung – das heißt, die Steuer wird so berechnet, als ob man die Abfindung auf fünf Jahre verteilt hätte. Dadurch fällt der Steuersatz geringer aus. Diese Vergünstigung greift aber nur, wenn es sich um eine zusammengeballte Zahlung handelt, die für den Verlust des Jobs gezahlt wird. Also besser die Abfindung auf einmal in einem Kalenderjahr als in Raten über mehrere Jahre (auch wenn Arbeitgeber letzteres manchmal vorschlagen).
Mit der Fünftelregel spart man häufig ordentlich Steuern – das Finanzamt streicht sich also nicht die komplette Abfindung ein, keine Sorge.
Krankenversicherung
Wer gesetzlich versichert ist, für den ist eine Abfindung in aller Regel beitragsfrei in der Kranken- und Sozialversicherung.
Du zahlst darauf keine Krankenkassenbeiträge, weil es kein Arbeitsentgelt für laufenden Zeitraum ist. Eine Ausnahme: Falls du nach dem Job aus der Versicherungspflicht rausfällst und freiwillig weiterversichert bist, kann die Kasse unter Umständen einen Teil der Abfindung als Beitragsgrundlage ansetzen. Insbesondere bei älteren Arbeitnehmern, die sehr lange im Betrieb waren, können 25% bis 60% der Abfindung in die Berechnung einbezogen werden – abhängig von Alter und Dauer der Betriebszugehörigkeit. Das klingt beunruhigend, betrifft aber nur Leute, die nach dem Ausscheiden nicht direkt eine Anschlussbeschäftigung oder Arbeitslosengeld haben und freiwillig gesetzlich versichert bleiben.
In der Praxis: Wenn du nach dem Aufhebungsvertrag erst mal Arbeitslosengeld beziehst, bist du sowieso pflichtversichert in der Krankenversicherung – dann greift diese Regel nicht auf die Abfindung. Klär das trotzdem vorher mit deiner Krankenkasse, damit du keine Überraschung erlebst.
Arbeitsagentur (ALG I)
Eine große Falle: Wenn du freiwillig gehst, kann das Arbeitsamt eine Sperrzeit verhängen – normalerweise 12 Wochen kein Arbeitslosengeld.
Außerdem kürzt sich die Anspruchsdauer um ein Viertel bei so einer Sperrzeit. Beispiel: Du hättest Anspruch auf 24 Monate ALG, bekommst aber Sperrzeit, dann verlierst du 3 Monate sofort und es bleiben nur 18 Monate übrig, weil 25% von 24 abgezogen werden. Bei 18 Monaten Ausgangsanspruch würden daraus 13,5 (bzw. 14) Monate. Das ist heftig, wenn man darauf angewiesen ist. Wie umgehen? Idealerweise, man lässt sich betriebsbedingt kündigen, statt selbst zu gehen – aber das klappt nur, wenn der Arbeitgeber mitspielt (und er zahlt meist etwas weniger Abfindung, wenn er das Risiko trägt). Oder man begründet den Aufhebungsvertrag so, dass eine betriebliche Veranlassung deutlich wird (Stellenabbau, Standortschließung etc.), dann kann die Sperrzeit entfallen. Im Zweifel berate dich hier mit einem Fachanwalt oder direkt der Agentur für Arbeit vorab anonym, was sie akzeptieren.
Außerdem wichtig: Abfindungen können zu einer Ruhenszeit führen. Das heißt, das ALG I beginnt später, wenn die Abfindung für eine Beendigung vor Ende der regulären Kündigungsfrist gezahlt wurde. Beispiel: Vertrag wird zum 31.12. beendet, obwohl Kündigungsfrist bis 30.6. gegangen wäre, und Abfindung dafür gezahlt – dann ruht ALG bis 30.6., weil man sagt, du hast ja Geld bekommen für diesen Zeitraum. Daher oft der Tipp: Aufhebungsvertrag möglichst so datieren, dass die Kündigungsfrist eingehalten wird, um keine Ruhenszeit zu provozieren. Dann wird Abfindung und ALG nicht miteinander verrechnet.
Trotz dieser Fallstricke: Ein gut verhandelter Aufhebungsvertrag kann dir einen goldenen Handschlag verschaffen, mit dem du bequem die Zeit bis zur Rente überbrückst. Wenn du z.B. 61 bist und 24 Monate ALG bekommen kannst, könntest du mit Abfindung + ALG abgedeckt sein bis 63. Ab 63 könntest du dann (mit Abschlägen) Rente ziehen. Manche basteln sich so ihre Frührente zusammen, ohne finanziell ins Bodenlose zu fallen.
2. Vorruhestandsprogramme des Arbeitgebers
Einige Unternehmen haben eigene Vorruhestandsregelungen. Das kann z.B. bedeuten: Du hörst mit 60 auf zu arbeiten, und der Arbeitgeber zahlt dir bis 63 einen bestimmten Prozentsatz deines letzten Gehalts weiter (oft 50–80%). Zusätzlich wird eine Abfindung gezahlt oder Beiträge zur Rentenversicherung werden weiter übernommen. Ziel ist, dich so zu stellen, dass du es bis zum Renteneintritt schaffst. Diese Modelle sind Verhandlungssache, oft im Rahmen von Sozialplänen (etwa wenn es einen Stellenabbau gibt, bieten sie älteren Mitarbeitern einen sanften Ausstieg).
Wenn dir so etwas angeboten wird, prüfe die Konditionen genau:
- Wie lange wird gezahlt und in welcher Höhe?
- Was ist mit der Rentenversicherung in der Zeit (zahlen sie weiter Beiträge ein oder nicht)?
- Wie bist du krankenversichert? (In so einer Freiphase wärst du meist nicht mehr Angestellter, also müsstest du dich freiwillig weiterversichern – es sei denn, es wird anders geregelt.)
Manchmal vereinbart man auch eine Kombination: erst eine Phase Altersteilzeit, dann eine Freistellung mit Gehaltsfortzahlung, etc. Hier gibt es kreative Modelle wie Stufenmodelle (z.B. 70% Arbeit/30% frei, dann 50/50, dann ganz frei).
3. Nutzung von Arbeitslosengeld als Brücke:
Das ist zwar kein Arbeitgeber-Instrument, aber es hängt zusammen. Viele scheuen sich erst mal zu sagen „ich plane mit Arbeitslosengeld“.
Aber realistisch ist ALG I (das Versicherungs-Arbeitslosengeld) ja eine Leistung, für die du vorher jahrelang Beiträge gezahlt hast – nichts Anrüchiges also. Man kann durchaus planen: „Ich gehe mit 63 und überbrücke ein Jahr mit ALG, dann ab 64 Rente.“ Oder wie eben skizziert, mit 61 gehen, 2 Jahre ALG, ab 63 Rente. Wichtig: du musst natürlich die Anwartschaft erfüllen, also mindestens 12 Monate sozialversicherungspflichtig gearbeitet haben in den letzten 30 Monaten – das sollte aber kein Problem sein, wenn du direkt aus dem Job kommst. Die Bezugsdauer hängt von Alter und Vorversicherungszeit ab. Ab 58 hast du, wenn du 48 Monate in letzten 5 Jahren gearbeitet hast, 24 Monate Anspruch. Mit 55 sind es max. 18 Monate, mit 50 max. 15 Monate.
Also: Über 58 = 24 Monate ALG. Das ist eine wichtige Zahl. Wenn du z.B. mit 61 Schluss machst (und 48 Monate in den letzten 5 Jahren gearbeitet hast – sprich: eigentlich durchgehend beschäftigt warst), bekommst du theoretisch 2 Jahre Geld bis 63. Das ALG beträgt ca. 60% deines letzten Nettoeinkommens (67% wenn du Kinder hast). Das ist nicht üppig, aber es ist ja befristet. Damit lässt sich überbrücken. Aber Achtung nochmal: Sperrzeit vermeiden, sonst kürzt sich das. Daher möglichst arbeitgeberseitige Kündigung anstreben oder im Aufhebungsvertrag Formulierungen finden, die einen wichtigen Grund liefern (z.B. betriebliche Umstände).
Zudem: ALG I zahlt auch die Krankenversicherung für dich (du bleibst gesetzlich versichert über die Agentur) – ein großer Vorteil. Du bist sozusagen weiterhin rundum abgesichert, während du dein vorgezogenes Rentnerleben genießt. Manche melden sich auch einfach mit 63 arbeitslos, beziehen ein Jahr ALG und warten bis 64, um dann mit weniger Abschlag in Rente zu gehen. Das ist legitim, solange du dem Arbeitsmarkt theoretisch zur Verfügung stehst (ob dich jemand einstellt mit 63 steht auf einem anderen Blatt, aber das ist ja der Witz an der Sache).
4. Wiedereinstellungszusage / Beratervertrag:
Manchmal tricksen Unternehmen auch etwas: Sie bieten älteren Mitarbeitern einen Aufhebungsvertrag mit Abfindung an, verabreden aber vielleicht informell, dass man als Freelancer oder Berater weiterhilft.
So kann der Mitarbeiter offiziell in Rente oder auf ALG gehen, verdient aber nebenbei weiter, ohne dass es den Rentenanspruch schmälert (seit 2023 ja egal mit dazuverdienen). Sowas muss man natürlich seriös und rechtskonform gestalten, aber ich erwähne es, weil es durchaus in der Praxis vorkommt: Der Chef will dich loswerden von der Gehaltsliste, aber dein Know-how noch nicht ganz. Dann gehst du „in Rente“, kassierst Abfindung und Rente, und schreibst dem alten Betrieb ab und an Rechnungen für Beratungsaufträge. Solange du die Kraft dazu hast, ist das ein netter Zuverdienst und intellektuelle Beschäftigung. Und für das Unternehmen günstiger als dich voll weiterzubeschäftigen.
Unterm Strich: Ein früher Ausstieg muss häufig mit dem Arbeitgeber abgestimmt werden, denn dort liegt oft der Geldtopf (Abfindung, Aufstockung) und die Bereitschaft, dich gehen zu lassen. Informiere dich intern, ob es Programme gibt. Rede vielleicht vertrauensvoll mit deinem Vorgesetzten, wenn du ans Aufhören denkst – manchmal können die erstaunlich entgegenkommend sein, gerade wenn sie planen können. Falls eine größere Restrukturierung am Horizont ist, positioniere dich ruhig als jemand, der offen für Vorruhestand ist – so wirst du eher berücksichtigt, wenn Angebote verteilt werden.
Du gehst früher in Rente: Was ist mit deiner Krankenversicherung?
Eines darf man bei aller Euphorie über das frühe Rentnerdasein nicht vergessen: Die Krankenversicherung. Bis zum letzten Arbeitstag bist du vermutlich über deinen Arbeitgeber gesetzlich versichert (oder privat, je nach Fall). Doch was passiert, wenn du vor 67 – oder vor 65, 63, was auch immer – aus dem Job ausscheidest und noch keine Altersrente beziehst?
Während des ALG-I-Bezugs ist die Lage klar: Du bist weiterhin gesetzlich krankenversichert (pflichtversichert) über die Agentur für Arbeit. Die zahlen die Beiträge für dich weiter, du behältst in der Regel sogar deine bisherige Krankenkasse. Da musst du nichts extra tun außer der Krankenkasse melden, dass jetzt die Agentur zahlt.
Wenn du nahtlos in Altersrente gehst, wirst du (sofern du zuvor gesetzlich versichert warst) in der Regel Mitglied der Krankenversicherung der Rentner (KVdR). Dafür musst du bestimmte Vorversicherungszeiten erfüllen (mindestens 9/10 der zweiten Hälfte deines Erwerbslebens gesetzlich versichert). Die meisten Angestellten erfüllen das. Dann werden von deiner Rente Kranken- und Pflegeversicherungsbeiträge abgezogen (rund 10,6% für KV inkl. Zusatz + 3,05%/3,4% PV), wobei die Rentenkasse die Hälfte des KV-Beitrags übernimmt. Das ist also wie bei einem Arbeitnehmer: Du zahlst nur etwa die Hälfte der Krankenkassenbeiträge aus deiner Rente, der Rest kommt von der Rentenkasse.
Wenn du allerdings ohne Rentenbezug ausscheidest, z.B. du lebst 2 Jahre von einer Abfindung oder von Erspartem ohne ALG, dann musst du dich um deine Krankenversicherung selbst kümmern. Bist du bislang gesetzlich versichert gewesen, kannst du dich freiwillig weiterversichern. Das geht bei deiner bisherigen Krankenkasse. Sie berechnet dann deinen Beitrag nach deinem „Einkommen“. Hast du kein Erwerbseinkommen, gibt es einen Mindestbeitrag (der richtet sich nach einer fiktiven Mindesteinnahme, ca. 1150 € im Monat derzeit). Daraus resultiert ein Beitrag von grob 200 € im Monat für KV plus Pflege.
Wenn du eine hohe Abfindung oder viel Kapital hast, kann es sein, dass Zinsen/Dividenden oder ein Teil der Abfindung (wie oben erwähnt) als Einkommen zählen. Da lohnt es sich, bei der Kasse nachzufragen. In den meisten Fällen ist aber die Abfindung kein regelmäßiges Einkommen und bleibt beitragsfrei. Finanztipp: Manche schaffen es, sich in der Zwischenphase über den Ehepartner familienversichern zu lassen (sofern der Partner gesetzlich versichert ist). Das geht aber nur, wenn dein eigenes Einkommen unter ~600 €/Monat liegt. Eine große Abfindung auf dem Konto ist hierbei meist kein Problem, solange sie nicht als monatliches Einkommen auszahlt wird. Aber Vorsicht: Wenn du noch ALG beziehst, geht Familienversicherung nicht, da du da ja selbst versichert bist. Es gilt also, die Lücken clever zu überbrücken.
Privatversicherte haben es etwas schwerer: Wenn du privat krankenversichert warst, gibt es keine KVdR. Du bleibst privat, musst also weiterhin deine Prämien zahlen – auch während einer Arbeitslosigkeit (da gibt’s aber evtl. reduzierte Tarife) oder im Ruhestand. In der Rente bekommst du einen Zuschuss von der Rentenversicherung zu deiner PKV-Prämie, aber der deckt oft nicht alles. Daher überlegen einige privat Versicherte, ob sie vor Rentenbeginn wieder ins Gesetzliche System wechseln können (Stichwort: spätestens mit 55 wird das quasi unmöglich, außer man war zuvor nie in GKV – komplexes Thema). Wenn du also privat versichert bist und früh aussteigen willst, plane die PKV-Kosten unbedingt in dein Budget ein. Sie entfallen ja nicht, eher im Gegenteil: im Alter können die steigen, auch wenn es Basistarife gibt.
Für gesetzlich Versicherte noch wichtig: Achte drauf, die Voraussetzungen für die KVdR zu erfüllen. Das heißt im Wesentlichen, in der zweiten Hälfte deines Erwerbslebens (vom 18. Geburtstag bis Rentenbeginn) mindestens 90% der Zeit GKV-versichert gewesen zu sein. Zeiten der Familienversicherung zählen mit, Arbeitslosigkeit auch. Nur wer sehr lange privat war, könnte da rausfallen und müsste sich freiwillig versichern als Rentner (dann zahlt man auf die ganze Rente den vollen KV-Beitrag selbst). Die meisten Angestellten, die mal irgendwo privat versichert waren, kriegen dennoch oft die Kurve, aber es ist zu prüfen. Gegebenenfalls kann es sogar ein Grund sein, den Rentenbeginn nicht zu verzögern: Es gab Fälle, da fehlten ein paar Monate GKV, und man hat dann den Rentenantrag etwas vorgezogen, um in die KVdR zu kommen.
Krankenversicherung in Überbrückungszeiten kurz zusammengefasst:
- Mit ALG I: bist du safe und pflichtversichert.
- Ohne ALG, ohne Rente: freiwillig versichern oder beim Ehepartner unterkriechen.
- Mit Rente: KVdR (wenn berechtigt) – halber Beitrag von dir.
Noch ein Punkt: Pflegeversicherung. Die musst du immer selbst voll zahlen (kein Arbeitgeberanteil in dem Sinne). Ist aber ein paar Prozentpunkte – sollte eingeplant, aber nicht kriegsentscheidend sein.
Die Hauptsache ist: Leiste dir keinen Zeitraum ohne Krankenversicherungsschutz! In Deutschland herrscht Versicherungspflicht. Wenn du freiwillig versichert bist und Beiträge sparen willst, kannst du das nicht einfach kündigen – höchstens durch Wechsel in die Familienversicherung wenn möglich. Ansonsten laufen die Beiträge auf und die Kasse fordert sie nach. Also, egal wie du dich entscheidest früher aufzuhören: kläre vorher, wie du krankenversichert bist, damit du ruhig schlafen kannst.
Steuern beim frühen Rentenstart und Abfindungen
Klar, über Steuern redet keiner gern, aber gerade bei solchen Einschnitten wie Jobende und Rentenbeginn kann kluge Steuerplanung viel Geld sparen – oder falsche Entscheidungen können unnötig Geld kosten.
Abfindungen haben wir schon gestreift: Dank Fünftelregelung wird eine große Abfindung steuerlich begünstigtr. Trotzdem kann es sinnvoll sein, den Zeitpunkt der Zahlung zu planen. Wenn du z.B. bis August arbeitest und dann eine dicke Abfindung im gleichen Jahr bekommst, hast du 8 Monate Gehalt + Abfindung in einem Steuerjahr – das treibt deinen Steuersatz hoch (trotz Fünftelregel). Evtl. kann man mit dem Arbeitgeber vereinbaren, die Abfindung erst im Januar des Folgejahres auszuzahlen. Dann hättest du in dem Jahr vielleicht gar kein oder nur Arbeitslosengeld (das zwar steuerfrei ist, aber Progression bewirkt) – auf die Abfindung würde dann ein viel niedrigerer Steuersatz greifen. Allerdings muss man aufpassen: Die Fünftelregel wird nur gewährt, wenn die Zahlung in einem Jahr erfolgt. Auf zwei Jahre verteilt würde die Begünstigung wegfallen.
Also besser alles in einem Kalenderjahr, aber eben idealerweise in einem, wo du sonst wenig Einkommen hast. Beispielsweise: Kündigung zum 31.12., Abfindung fließt im Januar drauf – du hast im neuen Jahr dann keine Lohneinkünfte mehr, sodass die Abfindung fast allein dasteht. Perfekt für niedrige Besteuerung.
Rentenbeginn und Steuern
Seit 2005 werden Renten ja bekanntermaßen immer stärker besteuert. Jahr für Jahr steigt der steuerpflichtige Anteil für Neurentner an.
Wer 2025 erstmals Rente bezieht, muss voraussichtlich 85% der Rente als steuerpflichtiges Einkommen ansetzen (das ist der sogenannte Rentenfreibetrag von 15%). Jedes folgende Jahr sinkt der Freibetrag weiter, bis 2040 dann 100% steuerpflichtig sind. Was bedeutet das nun? Wenn du früher in Rente gehst, hast du tendenziell einen etwas höheren steuerfreien Anteil, als wenn du später gehst. Beispiel: Du gehst 2025 in Rente, 15% deiner Rente bleiben steuerfrei für alle Zukunft (nominaler Betrag festgeschrieben im ersten Rentenjahr). Würdest du erst 2028 gehen, wären nur noch 12% steuerfrei. Das ist ein kleiner Steuervorteil des frühen Rentenbeginns – allerdings hast du ja auch vielleicht Abschläge, die die Rente mindern, das relativiert sich.
Doch man kann daraus eine Taktik ableiten: Manche versuchen z.B., unbedingt noch im Dezember eines Jahres die erste Rentenzahlung zu bekommen, weil dann dieses Jahr als Erstbezugsjahr zählt und der Freibetrag entsprechend festgelegt wird. Das macht z.B. Sinn, wenn im nächsten Jahr der Prozentsatz sinkt. In der Praxis sind die Unterschiede aber nicht riesig. Wichtiger ist, was du an anderen Einkünften hast.
Wenn du nämlich früh in Rente gehst, könnte es sein, dass du noch andere Einkünfte hast – sei es aus einem Nebenjob (wir sprachen drüber, Hinzuverdienst ist ja erlaubt) oder aus Kapitalvermögen, Vermietung etc. Deine Rente mag niedriger sein als dein altes Gehalt, was dich vielleicht unter den Steuergrundfreibetrag fallen lässt – dann zahlst du trotz Rente vielleicht gar keine Einkommensteuer mehr. Oder nur sehr wenig. Viele Rentner mit eher kleineren Renten bleiben steuerlich unbehelligt, es sei denn, es kommen eben weitere Einkünfte hinzu.
Steuerlich beachten solltest du insbesondere:
- Zusammentreffen von Gehalt, Abfindung, Rentenbezug in einem Jahr. Versuche idealerweise, nicht im selben Jahr volles Gehalt für 12 Monate, eine hohe Abfindung und noch Renteneinkünfte zu haben – das kumuliert ungünstig. Besser: Entweder direkt im Anschluss an den Job Rente nehmen (dann hast du nur Gehalt+Rente in dem Jahr, Abfindung möglichst im Folgejahr), oder die Rente startest du im Jahr nach der Abfindung. Ein gleitender Übergang kann steuerlich nachteilig sein, wenn alles zusammenfällt.
- Arbeitslosengeld selbst ist zwar steuerfrei, unterliegt aber dem Progressionsvorbehalt. Das heißt, es erhöht den Steuersatz auf andere Einkommen. Wenn du also in einem Jahr teils ALG I beziehst und teils Rente, wird die Rente höher besteuert, als wenn du das ALG nicht gehabt hättest. Lass dich davon aber nicht abschrecken – meist bleibt die Gesamtsteuerlast überschaubar, da ALG an sich ja kein zu versteuerndes Einkommen ist. Aber es kann halt den Steuersatz für die Rente leicht hochschieben.
- Sonderausgabenabzug: Vergiss nicht, dass du auch im Rentnerdasein einige Dinge absetzen kannst, z.B. Krankenversicherungsbeiträge, eventuelle Ausgaben für ein häusliches Arbeitszimmer (wenn du noch was nebenbei machst), etc. Wenn du früh in Rente gehst und noch z.B. freiberuflich arbeitest, kannst du natürlich weiterhin Betriebsausgaben geltend machen.
- Kapitalverzehr geschickt timen: Vielleicht hast du Vermögen angespart (Aktien, Fonds, Lebensversicherung). Wenn du planst, das zur Überbrückung einzusetzen, denke an die Steuer: Kapitalerträge unterliegen Abgeltungsteuer. Wenn dein sonstiges Einkommen (inkl. Rente) aber sehr gering ist, kannst du einen Teil der Kapitalerträge möglicherweise über die Günstigerprüfung zum normalen Einkommenssteuersatz laufen lassen, der dann vielleicht unter 25% liegt – so sparst du Steuern. Oder du realisierst Gewinne in Jahren, wo du wenig anderes Einkommen hast (z.B. im Jahr nach dem Ausscheiden, wenn nur ALG fließt, kann man mal einen Fonds verkaufen und zahlt vielleicht weniger Steuer drauf). Solche Feinheiten sind eher was für detailversessene Planer, aber es lohnt sich, zumindest grob einen Fahrplan zu machen, wann welche Einkommensarten anfallen und wie sie besteuert werden.
Im Idealfall konsultierst du einen Steuerberater oder Ruhestandsplaner, gerade wenn größere Abfindungen, Vermögen oder Mieteinnahmen im Spiel sind. Er kann dir sagen, welche Jahre „teuer“ werden und wie man das glätten kann. Vielleicht verschiebst du den Renteneintritt um ein paar Monate ins neue Jahr, oder wie erwähnt, du lässt die Abfindung in einem anderen Jahr zahlen, um Progression zu vermeiden.
Und noch ein Aspekt: Steuererklärung als Rentner. Viele, die früh in Rente gehen, sind überrascht, dass sie plötzlich wieder eine Steuererklärung abgeben müssen, obwohl sie dachten, mit dem Lohnsteuerjahresausgleich war’s das. Ja, Rentner sind steuerpflichtig, wenn ihr Einkommen den Grundfreibetrag übersteigt. Also stell dich darauf ein, dass du auch im Ruhestand zumindest einmal prüfen (lassen) musst, ob du Steuern schuldest. Oft ist es nicht viel oder nichts, aber besser auf dem Schirm haben, damit es keine Nachzahlung gibt, die man übersehen hat.
In Summe: Steuern sollten deine Pläne nicht durchkreuzen, aber du kannst sie zu deinem Vorteil gestalten. Nutze die bestehenden Regelungen – die Fünftelung bei Abfindungen, den Rentenfreibetrag, etc. – zu deinem Vorteil. Und sorge dafür, dass du nicht unnötig viel auf einmal versteuern musst.
Mit wenig Erspartem früher in Rente gehen: Ist das überhaupt möglich?
Viele werden sich fragen: „Alles gut und schön – aber was, wenn ich kein großes Finanzpolster habe? Kann ich mir das leisten, früher in Rente zu gehen?“ Die klare Antwort: Ja, mit Planung und Kreativität ist ein früher Ausstieg auch mit bescheidenen Mitteln machbar. Du musst nur realistisch rechnen und alle Quellen ausschöpfen.
Hier ein paar Strategien, wenn du kein riesiges Vermögen hast:
- Kombiniere verschiedene Einkommensquellen geschickt: Vielleicht hast du kein dickes Bankkonto, aber du hast Anspruch auf Arbeitslosengeld, auf eine kleine Betriebsrente deines Arbeitgebers, eventuell auf Wohneigentum (erspart Miete) oder du kannst mit Teilrente plus Minijob mehr erreichen als gedacht. Setz dich hin und mach dir einen Plan: Beispiel: „Ich will mit 63 aufhören. Von 63 bis 64 lebe ich von Arbeitslosengeld und ziehe schon 20% meiner gesetzlichen Rente als Teilrente. Nebenbei mache ich einen Minijob für 520 € – das ist steuerfrei extra. Mit 64 starte ich dann meine volle Rente (mit Abschlag) und komme insgesamt klar.“ So ein Plan könnte in Zahlen so aussehen: ALG ~ 1.100 €/Monat (angenommen), Teilrente 20% von z.B. 1.200 € = 240 €, Minijob 520 €; zusammen ~1.860 € – das ist vielleicht ähnlich wie dein letzter Nettolohn. Ein Jahr später fällt das ALG weg, aber deine Rente springt auf 100% (minus Abschlag), sagen wir ~1.000 €, Minijob behältst du: dann ~1.520 €. Vielleicht reicht das, da du ja nun auch weniger Ausgaben hast (Pendeln etc. entfällt). Klar, das sind alles fiktive Zahlen – bei dir mögen es andere Beträge sein. Aber durch Kombination lässt sich oft eine passable Summe erreichen, ohne dass du ins Ersparte greifen musst.
- Brückenphase überbrücken: Wenn’s nur um eine kurze Phase geht, z.B. 6 Monate bis Rentenbeginn, kann man auch überlegen, die einfach mit einem geplanten Minus zu überbrücken – im Sinne von: zur Not ein bisschen vom angesparten Notgroschen angreifen. Ein halbes Jahr ohne Einkommen ist finanziell überschaubarer als gleich mehrere Jahre. Vielleicht lässt sich auch ein solcher kurzer Zeitraum mittels eines Überbrückungskredits oder einer Hypothekenentnahme (wenn Haus abbezahlt ist) finanzieren. Das würde ich aber nur in Betracht ziehen, wenn wirklich klar ist, dass danach die Rente reicht, um das ggf. zu bedienen.
- Kleine Stellschrauben bei Ausgaben: Wenn schon kein fettes Vermögen da ist, hilft manchmal, die Kosten im Griff zu haben. Viele Früh-Rentner reduzieren z.B. ihre Ausgaben: das Auto verkaufen oder auf eins reduzieren, ins kleinere Heim umziehen oder lang ersehnte aber teure Hobbys etwas drosseln. Das soll nicht heißen, man muss ein karges Leben führen – aber es lohnt sich ehrlich zu schauen: Wie viel brauche ich zum Leben, wenn ich nicht mehr arbeite? Oft sinken Ausgaben automatisch (keine Fahrkosten, Berufskleidung, manche Versicherungen werden günstiger). Vielleicht kannst du auch irgendwo steuerfrei was dazuverdienen – ein Ehrenamt mit Aufwandsentschädigung, regelmäßig Flohmarkt Sachen verkaufen, etc. Jede kleine Einnahme hilft.
- Private Vorsorge nutzen: Hast du doch irgendwo eine kleine private Lebensversicherung, einen Bausparvertrag, einen Riester, irgendwas? Schau, wann die fällig sind. Manche Lebensversicherungen kann man z.B. ab 62 auszahlen lassen. Betriebsrenten oder Riester-Renten beginnen oft schon ab 62. Vielleicht kommt da eine monatliche Zahlung oder Einmalauszahlung, die du genau für die Brücke einsetzen kannst. Beispiel: Dein Riester gibt ab 63 monatlich 150 € her – nicht viel, aber damit kannst du z.B. deine Krankenkassenbeiträge decken. Oder du hast angespartes Urlaubsgeld in Zeitkonten (manche Firmen bieten Langzeitkonten) – das könntest du auszahlen oder freinehmen.
- Unterschätze nicht deine Rentenkraft auf Dauer: Manchmal lassen sich Leute vom Gedanken „14,4% weniger Rente, das geht nie!“ abschrecken. Aber überlege: Lieber 5 Jahre früher glücklich und etwas sparsamer leben, als 5 Jahre länger schuften mit dem einzigen Zweck, ein finanzielles Polster aufzubauen. Die Lebenszeit kommt nicht zurück. Ich kenne persönlich Menschen, die mit relativ bescheidenem Lebensstil sehr happy in ihrer Frühverrentung sind. Sie reisen halt nicht um die Welt jedes Jahr, aber sie haben freie Zeit, engagieren sich ehrenamtlich (bekommen teilweise Aufwandsentschädigungen), machen Haussitting, was auch immer, und kommen klar. Wenn du motiviert bist, findest du Wege, auch mit weniger Geld gut zu leben. Vielleicht mietest du im Winter eine Ferienwohnung auf Teneriffa für 2 Monate, weil Nebensaison günstig ist – statt teurer Pauschalreisen. Solche Freiheiten hast du ja dann.
- Plan B bereithalten: Im schlimmsten Fall könntest du immer noch wieder was dazuverdienen. Wir haben darüber gesprochen: Nebenverdienst ist erlaubt. Das beruhigt doch ungemein. Solltest du merken, oh die Kasse wird knapp, gehst du halt nochmal auf 450-Euro-Basis jobben oder suchst dir einen Teilzeitjob für ein Jahr. Es gibt heutzutage auch im Rentenalter viele Chancen (auch dank Fachkräftemangel) – vom Fahrer, Dozent, Buchhalter bis zum Objektbetreuer, irgendwas findet sich. Mit dem heutigen Stand musst du dir nicht mal Gedanken machen, ob das mit deiner Rente kollidiert – tut es nicht mehr. Also nimm diese Option in deine Kalkulation mit auf: Früher in Rente gehen heißt ja nicht, dass du nie wieder einen Euro verdienen darfst. Im Gegenteil, du bist freier zu entscheiden, wann und wie du was hinzuverdienst.
- Staatliche Hilfen? Eher ungern, aber der Vollständigkeit halber: Wenn die Rente sehr gering ist und du trotz aller Tricks nicht klarkommst, gäbe es im Alter noch die Grundsicherung. Aber das wollen wir vermeiden – besser, du planst so, dass du über Sozialhilfeniveau bleibst. Dennoch ist es gut zu wissen, dass im Notfall niemand obdachlos sein muss, nur weil er früher in Rente ist.
Zusammengefasst: Auch ohne großes Vermögen kannst du es schaffen. Die Kunst liegt darin, alle verfügbaren Ressourcen – gesetzliche Ansprüche (Rente, ALG), eventuelle Abfindung, Mini-Ersparnisse, Zuverdienstmöglichkeiten – so zu kombinieren, dass sie wie Puzzleteile deine Versorgungslücke schließen. Mach ruhig mal ein Tabellenblatt auf und spiele Szenarien durch. Du wirst feststellen, oft fehlt gar nicht so viel, wie man denkt, wenn man z.B. Miete durch Eigentum spart, oder wenn man das Gehalt netto mit dem Renten+ALG netto vergleicht (die Differenz ist manchmal kleiner als erwartet, weil Netto vs. Brutto-Effekte usw.).
Der Schlüssel ist: frühzeitig planen, ehrlich rechnen und gegebenenfalls Expertise hinzuziehen. Sprich mit der Rentenberatung, mit Steuerberatern, mit älteren Kollegen, die es schon gemacht haben. Hol dir Inspiration, wo es geht. Es ist dein Leben – und niemand bereut auf dem Sterbebett, ein paar Jahre zu früh aufgehört zu haben zu arbeiten, aber viele bereuen, kostbare Zeit vergeudet zu haben. Also, pack es an, wenn es dein Ziel ist!
Fazit
Früher in Rente zu gehen erfordert etwas Detektivarbeit und Weitsicht, aber es ist absolut machbar. Wir haben gesehen: Von der Rente mit 63 (bzw. 64/65) über freiwillige Beitragszahlungen, Sonderzahlungen zum Abschlagsausgleich, Flexirente und Teilrente, Altersteilzeit, Aufhebungsvertrag mit Abfindung bis hin zur Kranken- und Steuerplanung – es gibt viele Stellschrauben. Keiner dieser Hebel alleine ist die Lösung für alle; oft ist es eine Kombination, die den Plan rund macht.
Wichtig ist, dass du aktiv wirst: Schau dir deine Rentenauskunft an, sprich mit Experten, rechne verschiedene Möglichkeiten durch. Jeder Lebenslauf ist anders – für den einen ist die 45-Jahre-Regel der Jackpot, der nächste muss mit Abschlägen planen und die ausgleichen, der dritte hat vielleicht einen wohlwollenden Arbeitgeber, der den frühen Ausstieg honoriert. Die Möglichkeiten sind da, legal und erprobt.
Als langjähriger Wirtschaftsredakteur habe ich viele Entwicklungen in der Rentenpolitik beobachtet und kann dir sagen: Noch nie gab es so viele flexible Wege in den Ruhestand wie heute. Nutze diese Freiheit, aber kenne auch die Spielregeln (und Fallstricke, z.B. bei Steuern oder Arbeitsagentur-Meldepflichten). Dann steht deinem persönlichen Countdown Richtung früher Ruhestand nichts mehr im Wege.
In diesem Sinne: Viel Erfolg beim Planen – und vielleicht genießt du dann tatsächlich ein paar Jahre mehr Freiheit jenseits des Schreibtischstuhls, ohne dass dir dabei die finanzielle Puste ausgeht.
Quellen
- Deutsche Rentenversicherung: Altersrenten für langjährig und besonders langjährig Versicherte – Informationen zu Voraussetzungen (35/45 Beitragsjahre), Altersgrenzen und Abschlägen.
- Deutsche Rentenversicherung: Anrechnung von Zeiten – Details, welche Zeiten für die Wartezeit von 35 bzw. 45 Jahren berücksichtigt oder nicht berücksichtigt werden.
- Tagesschau (06.03.2024): „Früher in Rente gehen – wie geht das?“ – Bericht mit Erläuterungen zur Rente mit 63 (Anhebung der Altersgrenze) und Beispielrechnung zu Rentenabschlägen.
- LV 1871 Ratgeber: „Rentenbeiträge nachzahlen“ (Stand Jan 2025) – erklärt die Möglichkeit, freiwillig Beiträge zu zahlen bzw. Nachzahlungen für Ausbildungszeiten (Altersgrenze 45 Jahre, Beitragsspannen).
- Deutsche Rentenversicherung: FAQ „Rentenabschläge mit Sonderzahlungen ausgleichen“ – offizielle Erläuterung der Ausgleichszahlungen ab 50, inkl. Rechenbeispielen für 1–3 Jahre vorgezogene Rente und den nötigen Beträgen.
- Deutsche Rentenversicherung Pressemitteilung (25.10.2022) – Hinweis, dass Sonderzahlungen zum Rentenausgleich im Folgejahr teurer werden (11% Anstieg), Empfehlung frühzeitig zu handeln und 3-Monats-Frist für Zahlung nach Auskunft.
- Techniker Krankenkasse: FAQ Flexirente – beschreibt die Flexirenten-Regelungen ab 2017 und die entfallene Hinzuverdienstgrenze seit 2023.
- Deutsche Rentenversicherung: Hinzuverdienstinfo – bestätigt die Aufhebung der Hinzuverdienstgrenze für vorgezogene Altersrenten ab 1.1.2023.
- Bundesministerium für Arbeit und Soziales: Altersteilzeit – gesetzliche Grundlagen (Anspruch ab 55, Halbierung der Arbeitszeit, keine Rechtsanspruch, Aufstockung mind. 20%).
- Finanztip (14.02.2025): Arbeitslosengeld – Bezugsdauer – Überblick über die maximalen ALG I Dauern (bis zu 24 Monate ab 58 Jahren) und Auswirkungen von Sperrzeiten (Verkürzung der Bezugsdauer um 1/4).
- Finanztip (20.12.2022): Krankenversicherung nach Abfindung– erläutert, dass Abfindungen meist beitragsfrei sind, aber bei freiwillig Versicherten 25–60% angerechnet werden können (abhängig von Alter/Betriebszugehörigkeit).
- Ihre Vorsorge (DRV-Portal): „Goldener Handschlag – was Sie zur Abfindung wissen müssen“ – Info, dass Abfindungen nicht der Sozialversicherung unterliegen und zu keiner Anrechnung aufs ALG führen, sofern Kündigungsfristen beachtet sind (Thema Ruhenszeit).