Wenn vom Elterngeld gesprochen wird, stellt sich vielen Eltern eine ganz einfache, aber entscheidende Frage: Ist das Elterngeld ein Bruttobetrag oder bekomme ich es vollständig ausgezahlt?
Besonders beim Höchstbetrag von 1.800 Euro monatlich lohnt sich ein genauer Blick – denn immerhin geht es hier um eine wichtige finanzielle Säule während der Elternzeit.
Die kurze Antwort: Die 1.800 Euro Elterngeld sind ein Netto-Betrag, der dir vollständig ausgezahlt wird, ohne Abzüge für Steuern oder Sozialabgaben. Aber: Steuerfrei heißt nicht immer steuerlich folgenlos. Der sogenannte Progressionsvorbehalt kann später in der Steuererklärung eine Rolle spielen – dazu gleich mehr.
Ab wann bekomme ich 1.800 Euro Elterngeld?
Die 1.800 Euro sind der maximale Betrag, den du im Rahmen des Basiselterngeldes pro Monat erhalten kannst. Damit dieser Betrag gezahlt wird, musst du im Bemessungszeitraum vor der Geburt ein durchschnittliches monatliches „Elterngeld-Netto“ von mindestens 2.770 Euro gehabt haben – und nach der Geburt vollständig auf Erwerbseinkommen verzichten.
Nur wer also sehr gut verdient hat und während der Elternzeit gar nicht arbeitet, erreicht diesen Höchstwert.
Sind die 1.800 Euro Elterngeld Brutto oder Netto?
Das Elterngeld – egal ob 1.800 Euro oder weniger – wird netto und in voller Höhe ausgezahlt.
Es gibt keine Abzüge wie:
- Lohnsteuer
- Kirchensteuer
- Renten- oder Krankenversicherung
- Arbeitslosenversicherung
Das Geld geht in voller Höhe auf dein Konto – monatlich und planbar. Du musst keine Sozialversicherungsbeiträge oder andere Abgaben leisten. Es handelt sich um eine sogenannte Lohnersatzleistung, ähnlich wie Krankengeld oder Arbeitslosengeld, die außerhalb des regulären Arbeitslohns steht.
Wie wird das Elterngeld berechnet?
Trotzdem basiert das Elterngeld natürlich auf deinem früheren Einkommen.
Die Grundlage ist aber nicht dein Netto laut Gehaltsabrechnung, sondern ein speziell berechnetes „Elterngeld-Netto“. Dieses wird von der Elterngeldstelle anhand deines Bruttogehalts der letzten 12 Monate vor der Geburt ermittelt.
So funktioniert die Berechnung:
- Bruttogehalt der letzten 12 Monate wird summiert
- Der Durchschnitt pro Monat wird berechnet
- Anschließend werden pauschale Abzüge vorgenommen:
- Arbeitnehmer-Pauschbetrag von 102,50 Euro pro Monat
- Steuerabzüge je nach Steuerklasse
- Sozialabgaben (gesetzlich pauschal etwa 21 % vom Brutto)
Das daraus entstehende Elterngeld-Netto ist dann die Basis für deinen Anspruch. Davon bekommst du:
- 65 % bei Einkommen zwischen 1.240 € und 2.770 €
- Bis zu 100 % bei Einkommen unter 1.000 € (Geringverdienerregelung)
Wer also ein bereinigtes Elterngeld-Netto von 2.770 Euro oder mehr hatte, bekommt den Maximalbetrag von 1.800 Euro Elterngeld pro Monat.
Welche Rolle spielt der Progressionsvorbehalt beim Elterngeld?
Auch wenn das Elterngeld steuerfrei ist, bedeutet das nicht, dass es steuerlich komplett folgenlos bleibt. Denn das Elterngeld unterliegt dem Progressionsvorbehalt. Das heißt: Es erhöht nicht direkt dein zu versteuerndes Einkommen, aber es wird bei der Berechnung des Steuersatzes berücksichtigt, der dann auf dein übriges Einkommen angewendet wird.
Kurz: Du zahlst nicht auf das Elterngeld selbst Steuern – aber es kann den Steuersatz für dein übriges Einkommen erhöhen.
Beispiel 1: Familie mit hohem Elterngeld
Ausgangslage:
- Vater Herr Müller: 50.000 Euro Bruttojahreseinkommen nach der Geburt
- Mutter erhält 18.000 Euro Elterngeld (12 Monate × 1.500 Euro)
Ohne Progressionsvorbehalt:
- Zu versteuerndes Einkommen: 50.000 €
- Steuersatz: 13,96 %
- Steuerlast: 6.980 €
Mit Progressionsvorbehalt:
- Fiktives Gesamteinkommen: 68.000 € (50.000 + 18.000)
- Neuer Steuersatz: 18,14 %
- Steuerlast: 9.070 € (18,14 % von 50.000 €)
Ergebnis:
- Mehrbelastung: 2.090 Euro an zusätzlichen Steuern
Obwohl das Elterngeld nicht versteuert wird, steigt der Steuersatz für das übrige Einkommen – und damit die gesamte Steuerlast.
Beispiel 2: Familie mit mittlerem Einkommen
Ausgangslage:
- Mutter Hendrike: 1.050 € netto vor Geburt
- Elterngeld: 703,50 €/Monat → 8.442 € im Jahr
- Vater Holger: 48.000 € brutto → ca. 42.000 € zu versteuerndes Einkommen
Ohne Progressionsvorbehalt:
- Steuersatz: 9,58 %
- Steuerlast: 4.023 €
Mit Progressionsvorbehalt:
- Fiktive Bemessungsgrundlage: 42.000 + 8.442 − 1.230 (Werbungskosten) = 49.212 €
- Neuer Steuersatz: 12 %
- Neue Steuerlast: 5.040 €
Ergebnis:
- Mehrbelastung: 1.017 Euro
Der Effekt ist auch hier spürbar – obwohl beide Eltern nicht überdurchschnittlich viel verdienen.
Beispiel 3: Familie mit niedrigem Einkommen, aber hohem Elterngeld
Ausgangslage:
- Zu versteuerndes Einkommen: 25.000 €
- Elterngeld: 10.000 € jährlich
Ohne Progressionsvorbehalt:
- Steuersatz: 14 %
- Steuerlast: 3.562 €
Mit Progressionsvorbehalt:
- Fiktives Gesamteinkommen: 35.000 €
- Neuer Steuersatz: 19 %
- Steuerlast: 4.750 €
Ergebnis:
- Mehrbelastung: 1.188 Euro
Gerade bei Haushalten mit nur einem Einkommen und relativ hohem Elterngeld kann der Progressionseffekt über 1.000 Euro Nachzahlung ausmachen.
Besonders betroffene Konstellationen
Steuerklasse III in der Elternzeit
Wer vor der Geburt die Steuerklasse gewechselt hat, um ein höheres Elterngeld zu bekommen (z. B. in Steuerklasse III), hat in der Elternzeit zunächst ein hohes monatliches Elterngeld – zahlt dafür aber oft am Jahresende nach. Denn während des Jahres wird zu wenig Lohnsteuer einbehalten, was die Differenz zur tatsächlichen Steuerlast stark erhöht.
Verheiratete Paare mit großem Einkommensunterschied
Die stärkste Wirkung des Progressionsvorbehalts zeigt sich, wenn ein Elternteil sehr gut verdient und der andere nur Elterngeld bezieht. Durch die gemeinsame Veranlagung rechnet das Finanzamt mit einem höheren Gesamteinkommen, was den gemeinsamen Steuersatz nach oben zieht. Die Folge: Mehr Steuern für das Einkommen des verdienenden Partners – obwohl das Elterngeld selbst steuerfrei bleibt.
Ab wann muss ich bei Elterngeld eine Steuererklärung abgeben?
Sobald du im Jahr mehr als 410 Euro Elterngeld bekommst – was praktisch immer der Fall ist –, bist du verpflichtet, eine Steuererklärung abzugeben. Das gilt auch für Ehepaare mit gemeinsamer Veranlagung. Das Finanzamt prüft dann, ob sich durch den Progressionsvorbehalt eine Steuernachzahlung ergibt.
Tipp: Rücklagen bilden – wer 12 Monate lang 1.800 Euro erhält, sollte wissen, dass sich dadurch die Steuerlast für den Partner oder das gemeinsame Einkommen erhöhen kann.
Das Elterngeld selbst ist steuerfrei – aber nicht „steuerneutral“. Der Progressionsvorbehalt sorgt dafür, dass dein Steuersatz auf das übrige Einkommen steigt, wenn du Elterngeld beziehst. Je nach Einkommensverhältnissen kann das zu spürbaren Nachzahlungen führen – selbst bei mittlerem Einkommen.
Wer Elterngeld bekommt, sollte also nicht nur auf die monatlichen Überweisungen schauen, sondern auch die Steuerwirkung im Blick behalten. Frühzeitig informiert zu sein, bedeutet: keine bösen Überraschungen am Jahresende – sondern Sicherheit, Klarheit und Planungsspielraum für die Familie.