Einleitung: Als Anlegerin an der Börse machst du nicht nur Gewinne – manchmal entsteht auch ein Verlust.
Doch keine Sorge: Solche Verluste gehen steuerlich nicht verloren. Dafür gibt es den Verlustverrechnungstopf. Dieses Wort klingt kompliziert, bedeutet aber im Kern nur, dass deine Bank Verluste und Gewinne aus Kapitalanlagen gegeneinander aufrechnet, bevor Steuern abgezogen werden. In diesem Ratgeber erkläre ich dir Schritt für Schritt, was es mit dem Verlustverrechnungstopf auf sich hat, welche Arten es gibt und wie du als Einsteigerin davon profitieren kannst. Los geht’s!
Was ist ein Verlustverrechnungstopf und warum gibt es ihn?
Stell dir vor, du hast in deinem Depot verschiedene Wertpapiere. Einige Verkäufe bringen Gewinn, andere enden mit Verlust. Der Verlustverrechnungstopf ist ein internes Steuerkonto bei deiner Bank, das diese Verluste speichert, um sie mit zukünftigen Gewinnen zu verrechnen. So wird sichergestellt, dass du nur auf den Netto-Gewinn tatsächlich Steuern zahlst und nicht auf jeden einzelnen Gewinn, wenn gleichzeitig Verluste angefallen sind.
Warum gibt es das? In Deutschland wird auf Kapitalerträge (Zinsen, Dividenden, Aktiengewinne etc.) die Abgeltungssteuer von 25 % erhoben, zuzüglich Solidaritätszuschlag und ggf. Kirchensteuer. Diese Steuer behält die Bank direkt von deinen Gewinnen ein und führt sie ans Finanzamt ab. Damit du aber nicht benachteiligt wirst, wenn du parallel Verluste hast, müssen Banken deine Gewinne und Verluste verrechnen. Genau dafür führen sie den Verlustverrechnungstopf. Unterm Strich reduziert das deine Steuerlast und spiegelt fair deine tatsächliche Rendite wider.
Kurz gesagt: Der Verlustverrechnungstopf sorgt dafür, dass Verluste deine steuerpflichtigen Gewinne mindern. Hast du in einem Jahr insgesamt mehr Verluste als Gewinne, zahlst du gar keine Abgeltungssteuer – und der unverbrauchte Verlust wird ins nächste Jahr übertragen.
Allgemeiner und Aktienverlustverrechnungstopf
Bei deiner Bank gibt es zwei getrennte Verlustverrechnungstöpfe für Kapitalanlagen:
- Aktienverlustverrechnungstopf: In diesem Topf werden ausschließlich Verluste aus Aktiengeschäften gesammelt. Verkauft man also Aktien mit Verlust, landet dieser Betrag in dem Aktien-Verlusttopf. Wichtig: Diese Verluste dürfen nur mit Gewinnen aus Aktienverkäufen verrechnet werden. Aktienverluste sind steuerlich isoliert – du kannst sie nicht gegen Zinsen, Fondsgewinne oder andere Erträge aufrechnen. Bleibt am Jahresende ein Aktienverlust übrig, trägt die Bank ihn unbegrenzt ins nächste Jahr vor, bis du genug Aktiengewinne erzielst, um ihn auszugleichen.
- Allgemeiner Verlustverrechnungstopf (auch „Sonstiger“ oder Fonds-Verlusttopf): In diesem Topf landen alle anderen Verluste aus Kapitalanlagen, außer Aktien. Dazu zählen z.B. Verluste aus dem Verkauf von ETFs, Fondsanteilen, Anleihen oder Zertifikaten. Auch negative Kapitalerträge wie Stückzinsen oder Verluste aus Termingeschäften würden hier erfasst. Diese Verluste können mit sämtlichen positiven Kapitalerträgen verrechnet werden, also etwa mit Zinsen, Dividenden, Fondsgewinnen und so weiter. Nicht verrechnen darf man sie allerdings mit Aktiengewinnen – dafür ist ja der separate Aktientopf da. Bleibt ein Verlust im allgemeinen Topf übrig, wird er ebenfalls ins nächste Jahr vorgetragen. Viele Banken bezeichnen diesen allgemeinen Topf umgangssprachlich auch als “Fondsverlustverrechnungstopf”, weil Verluste aus Fonds und ETFs dort typischerweise eingehen.
Hinweis: Falls du ausländische Quellensteuer auf Erträge gezahlt hast (z.B. bei US-Dividenden), gibt es dafür oft einen separaten Quellensteuertopf. Dieser hat jedoch mit der Verlustverrechnung an sich nichts zu tun, sondern dient der Anrechnung ausländischer Steuer. Für unsere Zwecke (Verlustverrechnung) kannst du ihn ignorieren.
Warum zwei Töpfe? – Das liegt an gesetzlichen Vorschriften. Aktienverluste dürfen steuerlich nur mit Aktiengewinnen verrechnet werden, um Missbrauch zu vermeiden. Alle übrigen Kapitalerträge werden im allgemeinen Topf zusammengefasst. Für dich heißt das konkret: Hast du z.B. Aktien mit Verlust verkauft, kannst du damit nicht deine Zinserträge mindern. Umgekehrt werden Verluste aus Fonds oder Anleihen sehr wohl mit Zinserträgen oder Dividendengewinnen verrechnet. Das klingt erstmal nach unnötiger Trennung, aber die Bank erledigt diese Differenzierung automatisch im Hintergrund. Du musst dir also nicht aktiv zwei “Töpfe” führen – das passiert von selbst auf deinem Depotsteuerkonto.
Wie erfolgt die Verlustverrechnung innerhalb der Bank?
Innerhalb desselben Depots verrechnet deine Bank fortlaufend alle Gewinne und Verluste, soweit es die oben genannten Regeln erlauben. Konkret funktioniert das so:
- Sofortige Verrechnung bei Gewinnen: Sobald du einen Gewinn realisierst (z.B. Verkauf mit Profit, Zinsertrag, Dividendenauszahlung), schaut die Bank zuerst in den passenden Verlusttopf, ob dort noch Verlustvorträge stehen. Ein Aktiengewinn wird zuerst mit eventuellen Aktienverlusten verrechnet; ein sonstiger Kapitalgewinn (z.B. Zinsen, Fondserträge) wird mit eventuellen Verlusten im allgemeinen Topf verrechnet. Dadurch sinkt dein steuerpflichtiger Gewinn. Nur auf den verbleibenden Restgewinn (falls nach Verrechnung noch etwas übrig bleibt) zieht die Bank die 25 % Abgeltungssteuer ab. Ist der Gewinn komplett durch Verluste gedeckt, wird gar keine Steuer fällig.
- Beispiel: Du verkaufst ETF-Anteile mit 500 € Gewinn. Gleichzeitig hattest du aus einem anderen ETF 300 € Verlust realisiert, der im allgemeinen Topf steht. Die Bank verrechnet automatisch 300 € Verlust mit dem 500 € Gewinn. Übrig bleibt ein versteuerbarer Gewinn von nur 200 €. Auf diese 200 € werden dann – sofern kein Freibetrag mehr verfügbar ist – Abgeltungssteuer (25 % von 200 € = 50 €) plus Soli/Kirchensteuer abgezogen. Ohne Verlustverrechnung hättest du 125 € Steuern zahlen müssen; so sparst du 75 €.
- Verlustvortrag ins nächste Jahr: Falls du im gesamten Kalenderjahr mehr Verluste als Gewinne hattest, wird natürlich keine Steuer abgezogen. Die Verluste werden aber nicht “weggeschmissen”, sondern bleiben in den Verlustverrechnungstöpfen stehen. Am Jahresende nimmt die Bank deine verbleibenden Verlustbeträge automatisch mit ins neue Jahr. Du musst dafür nichts weiter tun. Im nächsten Jahr werden diese vorgetragenen Verluste dann mit neuen Gewinnen verrechnet, sobald welche anfallen. Die Verlusttöpfe sind zeitlich unbegrenzt gültig – ein Verlust, den du dieses Jahr nicht nutzen konntest, kannst du also theoretisch auch noch in fünf oder zehn Jahren mit zukünftigen Gewinnen ausgleichen.
- Kein Gewinn, keine Verrechnung: Wenn du in einem Jahr gar keine Gewinne erzielst, passiert einfach Folgendes: Deine Verluste bleiben vollständig im jeweiligen Topf stehen. Du zahlst für dieses Jahr keine Steuern auf Kapitalerträge (du hattest ja unterm Strich keinen Gewinn) und gehst mit einem Verlustvortrag ins nächste Jahr. Das ist beispielsweise 2022/2023 vielen passiert, die Verluste aus Kryptowährungen oder bestimmten Fonds hatten – diese können sie nun in den Folgejahren nutzen. Du brauchst dir also keine Sorgen zu machen, dass Verluste verfallen – sie wirken so lange fort, bis du genug Gewinne hast, um sie aufzubrauchen.
Wichtig: Alle diese Verrechnungen finden pro Bank bzw. pro Depot separat statt. Wenn du dein gesamtes Investment bei einer einzigen Bank hast, verrechnet diese intern alles Mögliche miteinander. Hast du jedoch mehrere Depots bei verschiedenen Banken, dann wird bei jeder Bank nur das eigene Depot betrachtet. Ein Verlust bei Bank A wird nicht automatisch mit einem Gewinn bei Bank B gegengerechnet. Wie du in so einem Fall trotzdem verlustmindernd optimieren kannst, erkläre ich gleich (Stichwort Verlustbescheinigung).
Freistellungsauftrag und Sparerpauschbetrag – was gilt es zu beachten?
Bevor die Bank überhaupt Abgeltungssteuer abzieht, gibt es noch einen Steuerfreibetrag für Kapitalerträge, den jede*r nutzen kann: den Sparerpauschbetrag. Seit 2023 beträgt dieser 1.000 € pro Jahr für Singles (und 2.000 € für verheiratete Paare gemeinsam). Das heißt, die ersten 1.000 € an Zinserträgen, Dividenden und Gewinnen pro Jahr sind eigentlich steuerfrei.
Allerdings musst du deiner Bank mitteilen, dass du diesen Freibetrag nutzen willst – das erledigst du durch einen Freistellungsauftrag. Ein Freistellungsauftrag ist ein formloser Auftrag (meist online im Banking einzurichten), in dem du festlegst, bis zu welcher Höhe deine Bank keine Abgeltungssteuer einbehalten soll. Du kannst den Pauschbetrag auch auf mehrere Banken aufteilen, z.B. 500 € bei Bank A und 500 € bei Bank B, solange die Summe 1.000 € nicht überschreitet.
Wie spielt das mit dem Verlustverrechnungstopf zusammen? Grundsätzlich verrechnet die Bank erst Verluste und Gewinne, danach zieht sie den Sparerpauschbetrag ab von einem eventuell verbleibenden Gewinn und nur auf den Rest wird Steuer erhoben. Wenn du also Verluste hast, reduzieren diese deinen steuerpflichtigen Gewinn, und dadurch bleibt mehr von deinem Pauschbetrag ungenutzt übrig. Beispiel: Ohne Verluste hättest du 800 € Gewinn – mit Freistellungsauftrag würden dafür keine Steuern anfallen, aber 800 € deines Freibetrags wären „verbraucht“. Mit Verlusten verrechnet bleibt vielleicht nur 300 € Gewinn übrig – nur diese 300 € nutzen dann deinen Freibetrag, der Rest (700 €) steht praktisch noch für andere Erträge zur Verfügung. Unterm Strich sorgt die Verlustverrechnung dafür, dass dein Freibetrag optimal für echte Überschüsse verwendet wird.
Wenn du keinen Freistellungsauftrag gestellt hast, zieht die Bank von jedem Gewinn die Steuer ab, auch wenn er unter 1.000 € liegt. Du kannst dir in dem Fall aber im Nachhinein die zu viel gezahlte Steuer über die Steuererklärung zurückholen (dazu im Abschnitt Anlage KAP mehr). Einfacher ist es jedoch, gleich einen Freistellungsauftrag zu erteilen, damit kleinere Kapitalerträge bis zum Pauschbetrag von vornherein steuerfrei bleiben.
Verluste bei Bankwechsel oder mehreren Banken geltend machen
Wie bereits erwähnt, verrechnet jede Bank deine Verluste nur mit eigenen Gewinnen. Doch was, wenn du z.B. bei Bank X einen Gewinn versteuert hast, aber bei Bank Y liegen noch unverrechnete Verluste? In so einem Fall würdest du eigentlich zu viel Steuer zahlen – schließlich hättest du ja insgesamt vielleicht gar keinen Gewinn gehabt. Zum Glück gibt es Lösungen, um auch bankübergreifend Verluste auszugleichen.
1. Depotwechsel mit Verlustübertrag: Wenn du dein Depot von einer Bank zur anderen umziehst (Depotübertrag), kannst du die Verlustverrechnungstöpfe mitübertragen lassen. Dazu musst du beim Übertragsformular angeben, dass Verlusttöpfe übertragen werden sollen. Die alte Bank wird dann die verzeichneten Verlustbeträge an die neue Bank melden. Voraussetzung ist, dass du das komplette Depot auflöst bzw. alle Positionen umziehst – bei Teilüberträgen werden Verluste meist nicht automatisch mitgeschickt. Nach einem vollständigen Depotwechsel stehen dir die verloren geglaubten Verluste im neuen Depot wieder zur Verfügung und werden dort mit zukünftigen Gewinnen verrechnet.
2. Verlustbescheinigung beantragen: Hast du mehrere Depots parallel oder schließt du ein Depot mit Verlusten, kannst du eine Verlustbescheinigung anfordern. Das ist ein amtliches Dokument deiner Bank, das den Stand der unverrechneten Verluste zum Jahresende bescheinigt. Mit dieser Bescheinigung kannst du dann über die Steuererklärung die Verluste von Bank A gegen Gewinne von Bank B rechnen lassen. Wichtig: Die Verlustbescheinigung muss spätestens bis zum 15. Dezember des laufenden Jahres bei der Bank beantragt werden, sonst ist es für das Jahr zu spät. Viele Anleger stellen den Antrag vorsorglich einige Wochen früher, damit keine Frist versäumt wird.
Was passiert mit dem Verlusttopf bei so einer Bescheinigung? In dem Moment, wo die Bank dir eine Verlustbescheinigung ausstellt, wird der entsprechende Verlusttopf auf null gesetzt. Die Verluste werden also aus dem Bank-Verrechnungstopf herausgenommen und dafür in das offizielle Dokument übertragen. Zum Jahresende geht dann dein Depot mit einem leeren Topf ins neue Jahr. Das macht man natürlich nur, wenn die Verluste anderweitig benötigt werden, z.B. um bei einer anderen Bank Steuern zurückzuholen. Hast du nur ein einziges Depot, braucht es keine Verlustbescheinigung – die Bank lässt die Verluste einfach stehen und verrechnet sie nächstes Jahr weiter (das ist bequemer, als den Umweg über das Finanzamt zu gehen). Hast du aber in Bank A Steuern gezahlt auf Gewinne, während Bank B Verluste aufweist, ist die Bescheinigung der Weg, um übers Finanzamt eine Saldo-Betrachtung herzustellen und eine Steuerrückerstattung zu bekommen.
Praxis-Tipp: Prüfe am Jahresende, ob du in verschiedenen Depots unausgeglichene Gewinne und Verluste hast. Falls ja, lohnt es sich meist, bei der verlustreichen Bank die Bescheinigung zu beantragen. Dadurch kannst du in der Einkommensteuererklärung deine gesamten Kapitalerträge konsolidieren. Ohne Bescheinigung würden Verluste in Bank B ins nächste Jahr wandern, während du die Steuer auf Gewinne in Bank A dieses Jahr trotzdem gezahlt hast. Durch die Bescheinigung holst du dir diese Steuer ggf. zurück. Wenn du hingegen erwartest, dass du im nächsten Jahr bei Bank B wieder Gewinne machst, kannst du die Verluste dort auch einfach stehenlassen – sie werden dann intern verrechnet, und du sparst dir den Papierkram.
(Hinweis: Einige Banken schicken bei Depotauflösung automatisch eine Verlustbescheinigung mit der Abschlusssteuerbescheinigung zu. Verlasse dich aber nicht darauf – besser den Antrag rechtzeitig stellen.)
Verlustverrechnung in der Steuererklärung (Anlage KAP)
Du fragst dich vielleicht, wie du Verluste und Gewinne dem Finanzamt mitteilst, gerade wenn mehrere Banken im Spiel sind. Hier kommt die Anlage KAP ins Spiel – das Formular für Kapitaleinkünfte in der Einkommensteuererklärung.
Grundsätzlich gilt: Hast du nur ein Depot und dort alle deine Kapitalerträge, dann wurde durch die Abgeltungssteuer bereits alles erledigt. In diesem Fall musst du die Kapitalerträge nicht in der Steuererklärung angeben – die Steuer ist ja schon „abgegolten“. Du kannst es aber freiwillig tun, wenn du z.B. zu viel Steuer zurückholen möchtest (etwa weil kein Freistellungsauftrag vorlag oder weil du insgesamt Verluste hattest). Viele Einsteiger machen anfangs gar keine Anlage KAP, wenn alles durch die Bank erledigt wurde.
Sinnvoll oder nötig wird die Anlage KAP in diesen Fällen:
- Du hast eine Verlustbescheinigung. In Anlage KAP gibt es Felder, in denen genau diese bescheinigten Verluste eingetragen werden. Das Finanzamt verrechnet dann im Steuerbescheid die Verluste mit deinen positiven Kapitalerträgen von anderen Banken. So bekommst du ggf. bereits gezahlte Abgeltungssteuer erstattet. Ohne Eintrag der Verlustbescheinigung in der Steuererklärung würden die Verluste vom Finanzamt nicht berücksichtigt – sie würden dort sonst automatisch ins nächste Jahr vorgetragen, ähnlich wie bei der Bank.
- Du hattest Kapitalerträge ohne Freistellungsauftrag unter dem Pauschbetrag. Beispiel: Du hast 2024 insgesamt 200 € Zinsen bekommen, aber keine Freistellung erteilt – also hat die Bank ~50 € Steuer einbehalten, obwohl du unter 1.000 € geblieben bist. Über die Anlage KAP kannst du in so einem Fall die sogenannte Günstigerprüfung beantragen: Das Finanzamt sieht, dass 200 € eigentlich steuerfrei gewesen wären, und erstattet dir die einbehaltenen 50 € zurück. Ähnliches gilt, wenn du insgesamt Verluste gemacht hast, aber irgendwo Steuer abgezogen wurde – durch die Erklärung holst du sie dir zurück.
- Dein persönlicher Steuersatz ist unter 25 %. In seltenen Fällen (niedriges Einkommen) kann es günstiger sein, Kapitalerträge zum normalen Tarif zu versteuern statt mit 25 % Abgeltungsteuer. Auch das prüft das Finanzamt nur, wenn du die Anlage KAP abgibst. Verluste spielen hier allerdings keine Rolle – das ist ein allgemeiner Steuertipp am Rande.
Wichtig: In Anlage KAP werden Aktienverluste und sonstige Verluste getrennt ausgewiesen, genau wie bei der Bank. Das Finanzamt führt also gewissermaßen auch zwei „Verlusttöpfe“ weiter. Übers Jahr bescheinigte Aktienverluste dürfen auch im Steuerbescheid nur mit Aktiengewinnen verrechnet werden, sonstige Verluste mit allen anderen Kapitaleinkünften. Diese Beschränkungen sind gesetzlich vorgegeben und gelten auch bei der Veranlagung.
Nach dem Eintragen aller Werte errechnet das Finanzamt deine tatsächliche Steuerschuld auf Kapitalerträge. Wenn durch die bankübergreifende Verrechnung jetzt weniger herauskommt, als schon einbehalten wurde, erhältst du eine Steuerrückerstattung. Sollte wider Erwarten mehr herauskommen (was selten ist), müsstest du nachzahlen. In den meisten Fällen mit Verlustausgleich bekommst du aber Geld zurück. Zudem merkt sich das Finanzamt nicht verrechnete Verluste und trägt sie von Amts wegen ins nächste Jahr vor – ähnlich wie die Bank das intern tut.
(Tipp: Die Anlage KAP ist optional. Viele nutzen sie nur bei Bedarf. Wenn du unsicher bist, kann dir ein Steuerprogramm oder Steuerberater helfen, die Verluste korrekt einzutragen.)
Beispiele: So werden Verlust in deinem Depot verrechnet
Zum Schluss schauen wir uns ein paar einfache Beispiele aus der Praxis, um das Ganze greifbarer zu machen:
- Beispiel 1 – ETF-Verlust und Zinsgewinn (gleiche Bank): Angenommen, du hast bei Bank A im Jahr einen Verlust von 500 € durch den Verkauf eines ETF und gleichzeitig Zinserträge von 500 € aus einem Tagesgeld. Beide Posten fallen in den allgemeinen Verlusttopf. Die Bank verrechnet automatisch den 500 € Verlust mit den 500 € Zinsen. Dein Netto-Kapitalertrag ist 0 €, es wird also keine Steuer einbehalten. Der 500-€-Verlust ist dadurch vollständig genutzt – du sparst dir 25 % Steuern auf die 500 € Gewinn, also 125 €. Hättest du einen Freistellungsauftrag, bliebe dein Sparerpauschbetrag unangetastet, da ja kein zu versteuernder Gewinn übrig ist.
- Beispiel 2 – Aktienverlust und Zinsgewinn (gleiche Bank): Du verkaufst bei Bank B Aktien mit 500 € Verlust, hast aber auch 200 € Zinsen aus Anleihen erhalten. Hier greift die Trennung der Töpfe: Der Aktienverlust steht im Aktienverlusttopf, die Zinsen sind ein Gewinn im allgemeinen Topf. Die Bank darf diese nicht miteinander verrechnen. Das Ergebnis: Auf die 200 € Zinsen musst du – abzüglich Freibetrag – Abgeltungssteuer zahlen (50 € sofern kein Freibetrag mehr frei war). Die 500 € Aktienverlust bleiben im Aktien-Verlusttopf stehen und werden ins nächste Jahr vorgetragen. Du zahlst also trotz eines Gesamtverlusts von 300 € in diesem Jahr dennoch Steuern auf die Zinsen, weil Aktienverluste andere Erträge nicht mindern dürfen. Erst zukünftige Aktiengewinne bei Bank B können die 500 € Verlust wieder wettmachen. (Würdest du keine Aktiengewinne mehr machen, bliebe der Verlustvortrag theoretisch ewig bestehen.)
- Beispiel 3 – Zwei Banken, Verluste und Gewinne verteilt: Du hast bei Bank X im Jahr 1.000 € Zinsgewinne erzielt (und die Bank hat darauf ca. 250 € Steuern einbehalten), bei Bank Y aber 1.000 € Verlust aus Fondsverkäufen angehäuft. Innerhalb jeder Bank erfolgt die Verrechnung getrennt – Bank X wusste nichts von den Verlusten, Bank Y hatte keine Gewinne zum Verrechnen. Ohne weiteres Vorgehen hättest du 250 € Steuern gezahlt, obwohl du unterm Strich 0 € Gewinn hattest. In so einer Situation beantragst du bei Bank Y eine Verlustbescheinigung über 1.000 € Verlust (bis 15.12.). Diese reichst du in deiner Steuererklärung ein, wodurch das Finanzamt die 1.000 € Verlust mit den 1.000 € Gewinn von Bank X verrechnet. Ergebnis: dein steuerpflichtiger Gewinn wird nachträglich auf 0 € korrigiert, und du erhältst die 250 € Abgeltungssteuer von Bank X vollständig zurück. Hättest du keine Verlustbescheinigung beantragt, würde Bank Y die 1.000 € Verlust ins nächste Jahr vortragen – du könntest damit aber frühestens nächstes Jahr Steuern sparen, während die diesjährige Steuer von Bank X verloren wäre.
Diese Beispiele zeigen: Durch die Verlustverrechnung sparst du Steuern, wenn du neben Gewinnen auch Verluste hast. Wichtig ist, die Spielregeln zu kennen (Aktien separat, Rest zusammen) und bei mehreren Depots den Überblick zu behalten. Meist läuft vieles automatisch, doch in Fällen wie Beispiel 3 musst du selbst aktiv werden, um kein Geld zu verschenken.
Verlustverrechnungstopf: Steuerliche Änderungen seit dem 1. Januar 2025
Zum Abschluss noch ein Blick auf aktuelle Änderungen, damit du auf dem neuesten Stand bist:
- Erhöhung des Sparerpauschbetrags: Wie erwähnt, wurde der steuerfreie Sparerpauschbetrag seit 2023 auf 1.000 € (bzw. 2.000 € für Paare) angehoben. Frühere Ratgeber oder Quellen nennen oft noch 801 € – das ist überholt. Als Einsteiger*in profitierst du also von einem etwas höheren Freibetrag, um kleine Kapitaleinkünfte steuerfrei zu kassieren.
- Wegfall der Verlustverrechnungs-Beschränkungen: In den letzten Jahren gab es gesetzliche Einschränkungen, die bestimmte Verluste nur begrenzt verrechenbar machten. Konkret durften Verluste aus Termingeschäften (z.B. bestimmte Derivate) ab 2021 pro Jahr nur bis 20.000 € mit Gewinnen verrechnet werden, und Verluste aus dem vollständigen Ausfall von Kapitalanlagen (z.B. wertlose Aktien nach Insolvenz) waren ebenfalls auf 20.000 € pro Jahr begrenzt. Diese Regelungen wurden stark kritisiert – und Ende 2024 wieder abgeschafft. Seit dem Jahressteuergesetz 2024 gilt rückwirkend: Solche Verluste können ab dem Steuerjahr 2024 wieder unbegrenzt mit Gewinnen aus Kapitalvermögen verrechnet werden. Für dich heißt das: Solltest du z.B. aus riskanten Optionsgeschäften hohe Verluste erleiden, kannst du diese nun wieder voll gegenrechnen und musst nicht einen Teil davon versteuern. Die Verlustverrechnung ist damit ab 2024/2025 wieder einfacher und fairer. Beachte aber: Die Trennung zwischen Aktien- und allgemeinen Verlusten besteht weiterhin – daran hat sich nichts geändert.
- (Künftiger Ausblick?): Derzeit wird noch diskutiert, ob die Beschränkung für Aktienverluste (dass sie nur mit Aktiengewinnen verrechenbar sind) ebenfalls fallen könnte. Der Bundesfinanzhof hat Zweifel geäußert, ob diese Einschränkung verfassungsgemäß ist. Stand 2025 gilt die Regel aber noch. Sollte sich hier etwas ändern, werden Banken und Finanzmedien das bekanntgeben. Fürs Erste musst du also weiterhin deine Aktienverluste getrennt betrachten.
Fazit: Mit diesem Wissen bist du gerüstet, deine Kapitalanlagen auch steuerlich optimal zu managen. Lass dich von Begriffen wie Verlustverrechnungstopf nicht abschrecken – letztlich bedeutet es nur, dass Verluste dir helfen, Steuern auf Gewinne zu sparen. Und keine Panik: Das Meiste läuft automatisch ab. Wenn du aber mehrere Konten nutzt oder ein Depot wechselst, denk an die Verlustbescheinigung. So stellst du sicher, dass dir kein steuerlicher Vorteil entgeht.
Quellen
- Sparkasse – „Aktienverluste steuerlich verrechnen – so geht’s“: Erläuterungen zu Verlustverrechnungstöpfen (Aktien vs. Allgemein) und Berücksichtigung des Sparerpauschbetrags.
- ING Deutschland – „Verluste richtig verrechnen“ (WissensWert Blog): Steuerregeln für Verluste, Hinweis zur Verlustbescheinigung (Frist 15.12.) und automatischer Verlustvortrag durch die Bank.
- VLH (Vereinigte Lohnsteuerhilfe) – „Verluste aus Termingeschäften: Das ändert sich“: Information über die Aufhebung der Verlustverrechnungsbeschränkung (20.000-€-Regel) durch das Jahressteuergesetz 2024.