Wenn Du ein Kind großgezogen hast, solltest Du wissen: Kindererziehungszeiten zählen für die gesetzliche Rente.
Und zwar nicht zu knapp. Pro Kind kannst Du aktuell bis zu drei Rentenpunkte erhalten – das sind etwa 115 Euro brutto mehr Rente im Monat (Stand: 2025). Möglich macht das der Antrag V0800. Wann Du diesen Antrag stellen solltest, warum sich eine frühe Einreichung besonders auszahlt und was bei einer rückwirkenden Zuordnung wichtig ist, erfährst Du in diesem Ratgeber.
Kindererziehungszeiten früh anerkennen: Wann sollte man den Antrag V0800 stellen?
Die meisten Eltern wissen gar nicht, dass es für die Rente einen Unterschied macht, wann der Antrag V0800 eingereicht wird.
Zwar ist die Antragstellung theoretisch jederzeit möglich – sogar noch im Rentenalter. Doch wer zu lange wartet, bekommt die Rentensteigerung nur ab dem Monat der Antragstellung. Rückwirkende Zahlungen für vergangene Jahre gibt es nicht. Und das ist der häufigste Fehler: Laut Daten der Deutschen Rentenversicherung reichen 63 % der Eltern den Antrag erst nach dem 10. Geburtstag ihres Kindes ein – und verschenken damit bares Geld.
Besonders wichtig ist der Antrag, wenn Vater und Mutter sich die Kindererziehungszeit nicht automatisch teilen oder eine abweichende Zuordnung gewünscht ist.
Die gesetzliche Regelung sieht eine automatische Anrechnung bei der Mutter vor. Möchte stattdessen der Vater die Rentenpunkte bekommen, muss das innerhalb von zwei Monaten rückwirkend erklärt werden – mit dem Formular V0805 und einer gemeinsamen Erklärung beider Elternteile. Beispiel:
- Geburt: 1. Januar 2025
- Letzter möglicher Termin für rückwirkende Vater-Zuordnung: 28. Februar 2028
Nach diesem Datum ist die Änderung nur noch für zukünftige Monate möglich – nicht mehr für die komplette Erziehungszeit.
Noch ein Grund für frühes Handeln: Berücksichtigungszeiten. Diese gelten vom 3. bis zum 10. Lebensjahr des Kindes. Sie bringen zwar keine direkten Rentenpunkte, helfen aber, Wartezeiten zu erfüllen – etwa für die Rente mit 63. Wer den Antrag erst später stellt, riskiert, dass diese Zeiten nicht korrekt erfasst werden.
Antrag V0800 rückwirkend stellen: Was Du wissen musst
Auch wenn der Antrag spät kommt – komplett zu spät ist es nie. Du kannst den V0800 auch Jahre nach der Erziehungszeit einreichen. Besonders häufig passiert das, wenn Eltern erst im Rentenalter merken, dass Kindererziehungszeiten nicht im Rentenkonto auftauchen. Wichtig dabei: Für die Erstanerkennung gibt es keine Frist. Die Zeit wird komplett angerechnet – selbst wenn das Kind längst erwachsen ist.
Aber: Die finanzielle Wirkung beginnt erst mit dem Antragsmonat. Wer den Antrag also erst 20 Jahre nach der Geburt stellt, erhält ab sofort eine höhere Rente – aber keine Nachzahlung für die letzten zwei Jahrzehnte. Und die verschenkten Beträge sind erheblich:
Beispiel:
- Kind geboren 1995
- Antrag gestellt: 2025
- 3 Jahre Erziehungszeit = 0,75 Entgeltpunkte
- 0,75 Punkte × 34 €/Jahr × 30 Jahre = 12.240 €, die nicht nachgezahlt werden
Dazu kommt: Je älter das Kind, desto aufwendiger wird der Antrag. Geburtsurkunden, Nachweise zum Wohnort, oder Bestätigungen von Jugendämtern bei Pflegekindern fehlen häufig und müssen beschafft werden.
Sonderfälle: Pflegekinder, Adoption und Erziehung im Ausland
Nicht nur leibliche Eltern haben Anspruch auf Kindererziehungszeiten. Auch bei Pflege- oder Adoptivkindern kannst Du einen Antrag stellen. Dann sind zusätzliche Nachweise nötig:
- Adoptionsbeschluss oder
- Pflegevertrag des Jugendamts
- Nachweis über gemeinsamen Haushalt
Bei Kindern, die im Ausland aufgezogen wurden, brauchst Du zusätzlich das Formular E2070, um die Zeiten korrekt in die deutsche Rentenversicherung zu übertragen. Auch diese können vollständig angerechnet werden – sofern der Antrag sauber gestellt ist.
Dein Fahrplan für den Antrag
Stell Dir vor, Du bekommst ein Kind im Januar 2025. Du warst in dieser Zeit nicht berufstätig – und reichst den Antrag V0800 direkt im zweiten Lebensjahr ein. Damit werden Dir 36 Monate Kindererziehungszeit vollständig angerechnet.
Das bringt Dir:
- 0,75 Entgeltpunkte bei voller Anrechnung
- Bei aktuellem Rentenwert 2025 (ca. 38 € brutto pro Entgeltpunkt): 0,75 × 38 € = 28,50 € brutto mehr Rente pro Monat
Auf die Jahre gerechnet ist das eine ganze Menge:
Was passiert, wenn Du den V0800-Antrag zu spät stellst?
Nehmen wir an, Du reichst den Antrag erst 20 Jahre nach der Geburt ein. Die 0,75 Rentenpunkte bekommst Du trotzdem – aber erst ab dem Antragsmonat gibt es mehr Geld. Für die 20 Jahre davor gibt’s keine Nachzahlung.
Das heißt:
- Dir entgehen: 0 Jahre × 12 Monate × 28,50 € = 6.840 € brutto
Und das nur, weil der Antrag zu spät eingereicht wurde.
28,50 € im Monat wirken vielleicht erstmal nicht riesig – aber über Jahrzehnte kommt ein ordentliches Plus zusammen. Je früher Du den Antrag stellst, desto mehr kommt unterm Strich raus. Und bei mehreren Kindern lohnt sich das umso mehr. Richtig gemacht, bringt Dir der V0800 mehrere Tausend Euro zusätzlich zur gesetzlichen Rente.
Fazit: Wann sollte man den Antrag V0800 stellen?
Der Antrag V0800 bringt bares Geld – aber nur, wenn Du ihn rechtzeitig stellst. Wer bis zum dritten Lebensjahr des Kindes handelt, hat alle Optionen.
Wer später dran ist, bekommt zwar immer noch die Punkte, aber keine Nachzahlung. Die Rentenerhöhung gilt nur ab dem Monat, in dem der Antrag eingeht. Besonders dann, wenn Vater statt Mutter die Rentenpunkte bekommen soll, muss der Antrag sehr früh erfolgen – sonst ist eine rückwirkende Änderung ausgeschlossen.
Für komplexe Fälle (Pflegekinder, Ausland, Nachweise verloren) lohnt sich der Anruf bei der DRV-Hotline: 0800 1000 4800. Wer ganz auf Nummer sicher gehen will, kombiniert den V0800 direkt mit der Kontenklärung (Formular V0100). So stellst Du sicher, dass alle Erziehungszeiten in Deiner Rentenbiografie richtig erfasst sind