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Was passiert, wenn ich zu viele Freistellungsaufträge erteilt habe?

Wer mehr Freistellungsaufträge erteilt als erlaubt, überschreitet den gesetzlichen Sparerpauschbetrag und muss die zu viel freigestellten Kapitalerträge nachversteuern. Die Banken melden die genutzten Beträge ans Bundeszentralamt, das automatisch ans Finanzamt weitergibt, wenn die Summe zu hoch ist. Bei einem Versehen bleibt es bei einer Nachzahlung – bei Vorsatz kann ein Bußgeld oder sogar ein Strafverfahren folgen.

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Stell dir vor, du verteilst deinen Sparerpauschbetrag auf mehrere Banken. Bei der einen 700 €, bei der anderen nochmal 600 €. Macht zusammen 1.300 €. Klingt erstmal harmlos. Merkt ja keiner – oder? Doch, genau das passiert. Spätestens im Folgejahr.

Denn der Freibetrag ist gesetzlich gedeckelt: 1.000 € pro Person, 2.000 € bei Ehepaaren. Und wenn du bei mehreren Banken zusammen mehr freistellst, als erlaubt ist, wird das erfasst. Ganz automatisch. Ohne dass du was tun musst – oder kannst.

Wie findet das Finanzamt heraus, dass du zu viele Freistellungsaufträge erteilt hast?

Jede Bank, bei der du Kapitalerträge bekommst, meldet einmal jährlich dem Bundeszentralamt für Steuern (BZSt), wie viel Freistellungsbetrag du bei ihr genutzt hast. Diese Meldung muss bis 31. Mai des Folgejahres erfolgen.

Dann wird verglichen: Was wurde insgesamt freigestellt – und was steht dir eigentlich zu? Wenn da eine Differenz auftaucht, bekommt dein zuständiges Finanzamt automatisch Bescheid. Das nennt sich „Kontrollmitteilung“ – klingt freundlich, ist aber ziemlich verbindlich. Ab dann ist die Sache offen auf dem Tisch. Und du kannst dir sicher sein: Wenn du zu viel freigestellt hast, wirst du früher oder später Post bekommen.

Was passiert, wenn ich zu viele Freistellungsaufträge erteilt habe?

Es gibt zwei Szenarien:

  • Du hast dich einfach verrechnet,
  • oder du hast’s bewusst gemacht, nach dem Motto: „Ach, wird schon nicht auffallen.“

Im harmlosen Fall, also bei einem Versehen, wird’s teuer – aber nicht strafbar. Du musst die zu viel freigestellten Kapitalerträge nachversteuern. Das heißt: Der Betrag, der über den 1.000 € (oder 2.000 €) liegt, wird ganz normal mit Abgeltungsteuer belegt – also 25 %, plus Solidaritätszuschlag und eventuell Kirchensteuer. Je nach Bundesland sind das rund 26,375 %.

Im ernsten Fall, also bei vorsätzlicher Täuschung, kann’s richtig unangenehm werden. Dann spricht man nicht mehr von „Fehler“, sondern von Ordnungswidrigkeit oder sogar Steuerhinterziehung. Und da ist die Grenze schnell erreicht – etwa wenn du als Single bei drei Banken jeweils 1.000 € freistellst. Da glaubt dir keiner mehr, dass du dich vertan hast. Dann drohen Bußgelder bis zu 50.000 €.

Was soll ich machen, wenn ich festelle, dass ich zu viele Freistellungsaufträge erteilt habe?

Wenn du feststellst, dass du zu viel Freistellungsauftrag erteilt hast, solltest du nicht warten, bis das Finanzamt sich meldet. Besser ist, du wirst selbst aktiv:

  1. Freistellungsaufträge korrigieren: Melde dich bei der Bank, bei der der Betrag zu hoch ist, und senke den Auftrag – z. B. von 700 auf 400 €. Das geht in der Regel online oder über ein Formular.
  2. Steuererklärung machen: Trage alle Kapitalerträge vollständig in der Anlage KAP deiner Einkommensteuererklärung ein – auch die, für die ein Freistellungsauftrag bestand. Wenn du alles offenlegst, bleibt’s bei der Nachzahlung. Strafen gibt’s in der Regel nicht, solange du nichts verschweigst.
  3. Selbstanzeige bei groben Fehlern: Wenn du z. B. als Single 2.000 € verteilt hast – also das Doppelte – ist das nicht mehr „knapp daneben“. Da hilft ein formloser Brief ans Finanzamt. So kannst du Ärger und Sanktionen vermeiden.

Prüfe deine Freistellungsaufträge einmal im Jahr, am besten im November. Dann bleibt genug Zeit, Änderungen noch rechtzeitig einzureichen – und du läufst nicht Gefahr, wegen einer kleinen Nachlässigkeit einen teuren Fehler zu machen. Wenn du siehst, dass du bei einer Bank mit mehr Ausschüttungen rechnen musst, schichtest du einfach um. Online dauert das zwei Minuten – und spart dir später eine Menge Ärger.

Viele Banken zeigen dir übrigens direkt im Onlinebanking an, wie viel Freibetrag du bereits verbraucht hast. Bei der ING oder Comdirect geht das ganz bequem in der App. Es lohnt sich, da ab und zu reinzuschauen.

Beispiel: Tom und seine zwei Depots

Tom, 34, lebt in Hamburg, ist ledig und legt sein Geld gern breit gestreut an. Er hat ein Tagesgeldkonto bei der ING, ein ETF-Depot bei Trade Republic und ein paar festverzinsliche Wertpapiere bei der Comdirect. Kapitalerträge gibt’s also an drei Stellen – nicht riesig, aber doch so, dass sich der Sparerpauschbetrag bemerkbar macht.

Tom weiß: Als Einzelperson darf er 1.000 € steuerfrei behalten. Also verteilt er den Freistellungsauftrag – so glaubt er zumindest sinnvoll:

  • 400 € bei der ING
  • 400 € bei Trade Republic
  • 400 € bei Comdirect

In seinem Kopf ergibt das Sinn. Lieber großzügig freistellen, denkt er. Und vielleicht gibt’s ja gar nicht überall so hohe Erträge. Im Zweifel sei das halt Puffer. Dass das zusammen aber 1.200 € sind – also 200 € zu viel –, übersieht er. Oder er schiebt den Gedanken weg. Und die Banken sagen auch nichts. Jede für sich sieht nur ihren Teil. Kein Warnhinweis, kein Popup, keine rote Lampe.

Im Laufe des Jahres entwickelt sich das wie folgt:

  • Bei der ING gibt es durch Zinserhöhungen 500 € Zinsen.
  • Bei Trade Republic kommen 350 € aus ETF-Ausschüttungen.
  • Comdirect zahlt 250 € aus Anleihezinsen.

Tom freut sich: Nirgends wurde Steuer abgezogen. Die Freistellungsaufträge scheinen zu greifen – genau wie geplant. Dass insgesamt 1.100 € Kapitalerträge zusammenkommen und alle steuerfrei bleiben, obwohl nur 1.000 € erlaubt sind, merkt er in dem Moment nicht.

Das ändert sich im Jahr darauf, Ende Mai. Die Banken melden ihre Daten ans Bundeszentralamt für Steuern. Dort läuft ein automatischer Abgleich: Tom hat 1.200 € Freistellungsvolumen genutzt, erlaubt wären 1.000 €. Zack – Überschreitung erkannt. Die Daten wandern weiter ans Finanzamt in Hamburg.

Ein paar Wochen später liegt ein Brief im Briefkasten: „Bitte reichen Sie die Anlage KAP zur Einkommensteuererklärung nach. Die Freistellungsaufträge überschreiten den zulässigen Pauschbetrag.“

Tom muss nun alle Kapitalerträge offenlegen. Die 1.100 € aus 2025 werden komplett eingetragen. Das Finanzamt erkennt: 100 € davon wurden zu viel freigestellt. Die Nachzahlung wird berechnet:

100 € × 26,375 % = 26,38 €

Nicht dramatisch, aber ärgerlich – weil es vermeidbar gewesen wäre. Noch ärgerlicher wäre es gewesen, wenn Tom bewusst mehr freigestellt hätte. Dann hätte das Finanzamt nicht nur eine Nachzahlung gefordert, sondern unter Umständen ein Bußgeldverfahren eingeleitet.

Für Tom bleibt es bei der Zahlung. Keine Strafe, keine weiteren Folgen – aber auch eine Lektion. Im nächsten Jahr macht er’s anders: Er prüft seine Freistellungsaufträge im November, erstellt sich eine kleine Übersicht:

  • ING: 500 €
  • Trade Republic: 300 €
  • Comdirect: 200 €

Diesmal stimmt die Summe: exakt 1.000 €. Und er trägt sich einen Reminder in den Kalender: „Freistellungsaufträge checken – nicht zu spät!“

So einfach wäre es gewesen. Und so bleibt’s nächstes Mal entspannt.

Fazit

Wer zu viele Freistellungsaufträge erteilt, riskiert, dass Kapitalerträge steuerfrei ausgezahlt werden, obwohl sie eigentlich steuerpflichtig wären – und das bleibt nicht unbemerkt.

Die Banken melden jeden genutzten Freistellungsbetrag ans Bundeszentralamt für Steuern, das den Gesamtbetrag mit deinem gesetzlichen Freibetrag abgleicht. Ist der zu hoch, wird das Finanzamt automatisch informiert.

Im besten Fall musst du nur die zu viel freigestellten Erträge nachversteuern. Im schlimmsten Fall – bei Vorsatz oder wiederholtem Missbrauch – drohen Bußgelder und steuerstrafrechtliche Folgen. Das lässt sich leicht vermeiden: Übersicht behalten, Freibeträge im Blick behalten, einmal im Jahr prüfen und gegebenenfalls korrigieren. Ein paar Minuten im November sparen dir eine Menge Ärger im nächsten Jahr

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Sie ist Gründerin von beatvest. Als sie vor einigen Jahren zu Investieren begonnen hatte, fiel ihr persönlich das Problem der Finanzmärkte auf. Das Wissen ist wild verteilt und überwältigend. Man macht sich bei der Auswahl der richtigen Investmentprodukte sorgen und braucht lange bis man Selbstbewusstsein aufgebaut hat. Doch so muss es nicht sein.

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