Wenn dein Mann stirbt, kommt nicht nur Trauer, sondern auch Unsicherheit. Was passiert mit dem Einkommen? Was steht dir zu – sofort, später, langfristig? Die Antworten darauf sind gesetzlich geregelt, aber oft schwer durchschaubar.
Fakt ist: Du hast Ansprüche. Und zwar mehr, als viele denken
Was steht mir als Ehefrau zu, wenn mein Mann stirbt?
Nach dem Tod deines Mannes bekommst du in den ersten drei Monaten die volle Rente, die er zuletzt bezogen hat – ohne Abzüge, ohne Einkommensanrechnung. Diese Übergangsphase heißt Sterbevierteljahr. Sie soll dir Zeit verschaffen, bevor die normalen Regeln zur Witwenrente greifen.
Beispiel: Hat dein Mann 1.800 Euro Rente bekommen, bekommst du drei Monate lang genau diesen Betrag – insgesamt 5.400 Euro brutto. Egal, wie viel du selbst verdienst oder ob du eine eigene Rente bekommst – in diesen drei Monaten zählt das nicht.
Wie hoch ist deine Anspruch auf Witwenrente?
Ab dem vierten Monat läuft alles nach den regulären Vorgaben.
Die Witwenrente unterscheidet zwischen zwei Varianten: der kleinen und der großen Witwenrente.
- Die große Witwenrente bekommst du, wenn du über 47 bist, Kinder erziehst oder selbst erwerbsgemindert bist. Dann stehen dir 55 % der gesetzlichen Rente deines Mannes zu.
- War eure Ehe vor 2002 geschlossen und ist einer von euch vor 1962 geboren, bekommst du sogar 60 % – das fällt unter das alte Recht.
- Die kleine Witwenrente gibt’s, wenn du jünger bist, keine Kinder hast und leistungsfähig bist. Hier bekommst du nur 25 %, höchstens für 24 Monate.
Beispiel: Wenn dein Mann 2.000 Euro Rente hatte, stehen dir – je nach Regelung – 1.100 Euro oder 1.200 Euro Witwenrente zu.
Wann wird deine eigene Rente angerechnet?
Deine eigene Rente oder dein Einkommen wird nicht auf die Witwenrente angerechnet – zumindest nicht sofort.
Erst ab dem vierten Monat zählt dein bereinigtes Einkommen. Bis zu einem bestimmten Freibetrag bleibt alles anrechnungsfrei, erst darüber wird gekürzt.
Ab Juli 2025 gilt:
- Freibetrag: 1.076,86 Euro pro Monat
- Kinderzuschlag: 228,42 Euro pro Kind mit Waisenrentenanspruch
- Anrechnung: 40 % des übersteigenden Betrags werden abgezogen
Beispiel: Du hast 800 Euro eigene Rente und einen Minijob mit 1.200 Euro brutto. Die Rentenversicherung zieht 40 % vom Brutto ab → 720 Euro bleiben. Zusammen mit deiner Rente ergibt das 1.520 Euro.
- Freibetrag: 1.076,86 Euro
- Überschuss: 443,14 Euro
- Anrechnung: 40 % davon = 177,26 Euro Kürzung
Ergebnis: Von 1.100 Euro Witwenrente bleiben dir 922,74 Euro brutto.
Zusätzliche Ansprüche und Leistungen
Neben der Witwenrente hast du als Ehefrau weitere Ansprüche, die oft übersehen oder erst spät beantragt werden. Einige laufen automatisch, andere musst du aktiv beantragen – und genau hier entscheidet sich, ob dir im Monat mehrere Hundert Euro entgehen oder nicht.
Waisenrente für Kinder
Wenn du Kinder hast, die zum Todeszeitpunkt deines Mannes noch Anspruch auf Unterhalt gehabt hätten, besteht möglicherweise Anspruch auf Waisenrente. Diese wird direkt an das Kind gezahlt, unabhängig von deinem Einkommen.
- Halbwaisenrente: ca. 10 % der Rente deines verstorbenen Mannes
- Vollwaisenrente: ca. 20 %, wenn beide Eltern verstorben sind
- Auszahlung: Bis zum 18. Geburtstag, ggf. verlängert bis 25 (bei Ausbildung, Studium oder Freiwilligendienst)
Die Waisenrente wird nicht auf deine Witwenrente angerechnet.
Kindererziehungszeiten und Rentenpunkte
Für jedes Kind, das du selbst erzogen hast, stehen dir sogenannte Kindererziehungszeiten zu. Diese erhöhen deine eigene Rente – unabhängig von deiner Witwenrente.
- Für jedes Jahr, das du ein Kind unter 3 Jahren erzogen hast, bekommst du bis zu 0,1010 Entgeltpunkte pro Monat
- Das kann sich später mit über 30 Euro pro Monat und Kind in deiner eigenen Altersrente bemerkbar machen
Du musst diese Zeiten selbst angeben und ggf. nachweisen – das geht über einen Kontenklärungsantrag bei der Deutschen Rentenversicherung.
Bestattungskosten
Wenn kein ausreichendes Vermögen vorhanden ist, kannst du bei der Sozialhilfe (SGB XII) einen Antrag auf Kostenübernahme für die Bestattung stellen.
- Die Leistung ist zweckgebunden: Nur für die notwendigen Kosten der Beerdigung
- In der Regel werden bis zu 1.500 Euro übernommen
- Zuständig ist das Sozialamt am Wohnort des Verstorbenen
Besonders in Haushalten mit kleinem Einkommen oder ohne Rücklagen lohnt es sich, diesen Anspruch zu prüfen – oft wird er aus Unwissenheit nicht beantragt.
Wohngeld und Kinderzuschlag
Wenn dein Einkommen nach dem Tod deines Mannes deutlich sinkt, hast du ggf. Anspruch auf ergänzende Sozialleistungen – auch wenn du keine Grundsicherung beziehst.
- Wohngeld: Wenn du zur Miete wohnst und dein Einkommen unter bestimmten Grenzen liegt.
Beispiel: Bei einem Einpersonenhaushalt unter 1.200 Euro netto ist ein Antrag meist sinnvoll. - Kinderzuschlag: Aktuell 250 Euro pro Kind und Monat, wenn dein Einkommen nicht ausreicht, aber du über der Bürgergeldgrenze liegst.
Beide Leistungen werden nicht auf die Witwenrente angerechnet, können aber dein Budget monatlich spürbar entlasten.
Steuerliche Entlastungen durch Freibeträge
Auch steuerlich gibt es Puffer. Der Grundfreibetrag liegt 2025 bei 12.096 Euro jährlich – nur wenn dein Gesamteinkommen darüber liegt, zahlst du Einkommensteuer. Zusätzlich bleibt bei neuen Renten (ab 2025) ein Teil der Witwenrente steuerfrei:
- Rentenfreibetrag: 16,5 % der Witwenrente bleiben dauerhaft steuerfrei
- Wird direkt bei der ersten Steuerveranlagung vom Finanzamt berücksichtigt
Damit zahlst du – selbst wenn du eigene Rente und Witwenrente bekommst – oft nur auf einen Teil deines tatsächlichen Einkommens Steuern.
Viele dieser Leistungen bekommst du nicht automatisch. Es braucht Anträge, Nachweise, manchmal Geduld. Aber genau hier lohnt es sich dranzubleiben – denn oft reden wir über vierstellige Summen im Jahr, die du sonst nicht bekommst.
- Witwenrente: Antrag über den Renten-Service der Deutschen Post
- Waisenrente: Für jedes berechtigte Kind separat beantragen
- Wohngeld, Kinderzuschlag: Antrag beim Wohnort oder Familienkasse
- Bestattungskostenhilfe: Antrag beim örtlichen Sozialamt
- Steuerfreibeträge: Automatisch beim Finanzamt, aber Steuererklärung einreichen nicht vergessen
Wer sich durchwühlt, wird belohnt – mit monatlich mehr Geld und langfristig mehr Sicherheit. Auch nach dem Tod deines Mannes hast du mehr als nur einen Anspruch auf Mitgefühl. Du hast auch klare rechtliche Ansprüche – und es lohnt sich, sie zu kennen.
Besondere Fälle und Stolperfallen
Wenn eure Ehe vor dem 1. Januar 2002 geschlossen wurde und mindestens einer von euch vor 1962 geboren ist, gilt altes Recht:
- Du bekommst 60 % Witwenrente, auch bei der kleinen
- Die Witwenrente ist lebenslang, ohne Altersgrenze oder Befristung
Hattet ihr ein Rentensplitting vereinbart, bekommst du gar keine Witwenrente mehr. Stattdessen werden die Rentenpunkte aus der Ehezeit gleichmäßig aufgeteilt – das kann sich lohnen, wenn du vorher gar keine eigenen Ansprüche hattest, aber es ist nicht rückgängig zu machen.
Beispiel: Witwenrente, eigene Rente, Minijob
Sabine ist 66, lebt allein in Kassel und verliert im Juni 2025 ihren Ehemann Karl. Er erhielt zuletzt 2.000 Euro brutto gesetzliche Rente.
Sabine bezieht selbst 1.350 Euro Altersrente brutto und arbeitet auf Minijob-Basis für 450 Euro monatlich. Kinder sind keine mehr im Haushalt. Im Sterbevierteljahr – also in den ersten drei Monaten nach Karls Tod – bekommt Sabine zusätzlich zur eigenen Rente und zum Minijob die volle Rente ihres Mannes: 2.000 Euro pro Monat, ohne Abzüge. Ihr monatliches Bruttoeinkommen liegt in dieser Zeit bei 3.800 Euro, insgesamt also 11.400 Euro brutto über drei Monate.
Ab Oktober 2025 endet die Schonfrist. Sabine hat dauerhaft Anspruch auf die große Witwenrente nach altem Recht – also 60 % von Karls Rente: 1.200 Euro brutto pro Monat. Da sie aber eigenes Einkommen hat, wird geprüft, wie viel davon angerechnet wird. Ihre eigene Rente wird um 14 % bereinigt (1.350 × 0,86 = 1.161 Euro), der Minijob um 40 % (450 × 0,6 = 270 Euro).
Das ergibt ein bereinigtes Einkommen von 1.431 Euro. Der Freibetrag liegt bei 1.076,86 Euro – die Differenz beträgt 354,14 Euro. Davon werden 40 % angerechnet → 141,66 Euro Kürzung. Die Witwenrente sinkt auf 1.058,34 Euro.
Zusammen erhält Sabine ab Oktober 2025 brutto monatlich: 1.350 Euro Altersrente + 1.058,34 Euro Witwenrente + 450 Euro Minijob = 2.858,34 Euro.
Davon sind laut Steuerrecht 83,5 % steuerpflichtig. Die Summe ihrer steuerpflichtigen Einkünfte liegt bei rund 24.140 Euro im Jahr.
Nach Abzug des Grundfreibetrags von 12.096 Euro ergibt sich ein zu versteuerndes Einkommen von 12.044 Euro. Ihre Einkommensteuer liegt bei etwa 1.500 Euro jährlich, also gut 125 Euro pro Monat. Unterm Strich bleibt Sabine finanziell stabil – weil alle Leistungen greifen, aber auch, weil sie aktiv ihren Anspruch nutzt.